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Antibiotika-Resistenzen vorbeugen und bekämpfen

Heutzutage ist der Einsatz von Antibiotika gegen krankmachende Bakterien nicht mehr wegzudenken. Durch Überdosierung oder falsche Anwendung entstehen allerdings immer häufiger sogenannte „Antibiotika-Resistenzen“. Was verbirgt sich dahinter? Unser Experte Dr. Edwin Heucke, zuständig für die Optimierung der Antibiotikatherapie in den Helios Kliniken in Burg, Neindorf, Köthen, Vogelsang-Gommern und Zerbst, gibt Antworten.

Medikamente

Wie wirken Antibiotika?

Antibiotika wirken nur gegen bakteriell verursachte Infektionen. Dies können beispielsweise Lungen-, Mandel-, Hirnhaut- oder Blasenentzündungen sein. Die antibiotische Substanz greift die Zellwand oder den Stoffwechsel der Bakterien an und kann diese dadurch abtöten beziehungsweise die Vermehrung stoppen. Antibiotika haben keine Wirkung bei Erkrankungen, die durch Viren hervorgerufen werden, wie zum Beispiel bei Erkältungskrankheiten und Grippe.

Was ist eine Antibiotika-Resistenz und wie entsteht sie?

In Deutschland erkrankten im Jahr 2018 rund 54.500 Menschen an Infektionen durch Antibiotika­resistente Erreger. Etwa 2.400 Menschen starben daran (laut Robert Koch-Institut, 2018). Dass einige Bakterien über Resistenzmechanismen verfügen, ist nicht neu. So konnten bei Jahrtausenden alten Bakterien im Permafrostboden (Dauerfrostboden) schon entsprechende Gene gefunden werden. Neu ist aber, dass sich durch die breite Anwendung von Antibiotika diese Gene unter den Bakterienarten ausbreiten.

„Zahlreiche Antibiotika gegen den typischen Erreger des häufig auftretenden Harnwegsinfektes sind heutzutage wirkungslos – und das ist nur eines von vielen Beispielen. Bakterien, die gegen bestimmte Antibiotika resistent sind oder Resistenzen erworben haben, werden durch eine Behandlung nicht mehr gehemmt oder abgetötet. Sie können sich ungehindert vermehren und ihre Resistenz-Gene auch auf andere Bakterien übertragen. So breiten sich Resistenzen aus“, sagt Dr. Edwin Heucke.

Auch ein Mangel an Hygiene im Human- und Veterinärmedizinischen Bereich oder der Landwirtschaft können Antibiotika-Resistenzen begünstigen und verbreiten. „Die meisten Antibiotika kommen noch immer in der Landwirtschaft zum Einsatz. Vor allem die Massentierhaltung ist ein großes Problem. Von dort breiten sich Resistenzen auch auf uns Menschen aus. So entscheidet der Kunde bei der Wahl seiner Lebensmittel auch ein Stück weit über den Einsatz von Antibiotika“, erklärt Dr. Heucke. Eine Resistenz kann zwischen Menschen, zwischen Tieren und Menschen sowie Tieren und der Umwelt übertragen werden.

Das große Problem: Sollten feindliche Bakterien nicht mehr vollständig oder nur teilweise bekämpft werden können, besteht die Gefahr, dass sogar leichte Infektionen nur noch schwer therapiert und zum Tod führen können.

Helios Bördeklinik

Oberarzt und Antibiotic Stewardship Experte

Zahlreiche Antibiotika gegen den typischen Erreger des häufig auftretenden Harnwegsinfektes sind heutzutage wirkungslos – und das ist nur eines von vielen Beispielen.

Wie können Antibiotika-Resistenzen verhindert werden?

„Für den klinischen Bereich sind wir bereits auf einem guten Weg, was die aktuellen Verbrauchszahlen belegen“, ergänzt der Oberarzt. Im Klinikalltag sei die Masse an Information über die circa 60 verschiedenen antimikrobiellen Substanzen oftmals zu umfangreich für die tägliche Arbeit. Um dieser Problematik entgegen zu wirken, beteiligt sich Helios am „Antibiotic Stewardship“. Dr. Edwin Heucke erklärt: „Als Antibiotic Stewardship-Experte habe ich einen Überblick über aktuelle Leitlinien und Entwicklungen und unterstütze die Klinikärztinnen und -ärzte bei der Therapiewahl, auch indem ich sie kontinuierlich schule und komprimierte Leitlinien für den Alltag zur Verfügung stelle“.

Nur etwa 15 Prozent des gesamten Antibiotikaverbrauchs werden stationär, also in Krankenhäusern, verordnet. Der überwiegende Anteil wird im ambulanten Bereich verschrieben. „Was die persönliche Einnahme betrifft, so ist die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt in der Pflicht, das Antibiotikum rational zu verschreiben", sagt Dr. Heucke. Zu häufig werden beispielsweise Antibiotika bei Infektionen der oberen Atemwege verordnet, obwohl diese in der Regel durch Viren verursacht werden.

Wenn Patientinnen oder Patienten unsicher sind, ob die Einnahme von Antibiotika tatsächlich notwendig ist, kann es oftmals sinnvoll sein, eine Zweitmeinung einzuholen. Außerdem sollten Patientinnen und Patienten die behandelnden Ärzt:innen nicht bedrängen, vorschnell zum Rezeptblock zu greifen. Virale Infektionen, wie eine klassische Erkältung, können oftmals mit Bettruhe und Geduld kuriert werden. Dr. Heucke rät weiter: „Das alte Dogma, dass die Packung immer komplett eingenommen werden sollte, ist auch überholt. Derzeit werden zur Vermeidung von Resistenzen möglichst kurze Therapiezeiten favorisiert.“

Die Einnahmedauer von Antibiotika sollte jedoch immer eng mit den behandelnden Ärzt:innen abgesprochen und die Therapie nicht eigenmächtig abgebrochen werden. Letztlich können Antibiotika bei schweren bakteriellen Erkrankungen Leben retten.

DART 2020: Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie

Das Bundesministerium für Gesundheit hat im Jahr 2015 zusammen mit den Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft als auch Bildung und Forschung die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie „DART 2020“ veröffentlicht. 2015 wurde diese auch vom Bundeskabinett verabschiedet.

Die DART 2020 stellt Maßnahmen dar, die zur Reduzierung von Antibiotika-Resistenzen notwendig sind. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der sektorübergreifenden Zusammenarbeit (One-Health-Ansatz). Um diesem One-Health-Ansatz erfolgreich zu etablieren, richten sich alle Ziele der DART 2020 an Human- und Veterinärmedizin in gleichem Umfang. Mehr dazu auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums.

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