Was verbirgt sich hinter dem Bereich der Pränataldiagnostik?
Pränatal bedeutet vorgeburtlich. Das heißt, das ist der Bereich, der sich mit der gesamten Diagnostik vor der Geburt beschäftigt. Im Prinzip lassen sich die Untersuchungen in drei wichtige Zeitabschnitte gliedern, die auch in den Mutterschaftsrichtlinien angesiedelt sind: die Pränataldiagnositk findet einmal in um die zehnte Schwangerschaftswoche herum, beim zweiten Mal um die 20. und beim dritten Mal um die 30. Schwangerschaftswoche statt.
In der ersten großen Untersuchung wird festgestellt, ob in der Schwangerschaft alles in Ordnung ist. Also, ob es eine gute Durchblutung gibt, ob eine Zwillingsschwangerschaft vorliegt usw. Das heißt, es geht allgemein um die normale Anlage der Schwangerschaft, das Wachstum, die Terminfeststellung und den Ausschluss schwerer Fehlbildungen.
Die zweite große Untersuchung ist von der 20. bis zur 22. Schwangerschaftswoche. Dieser Abschnitt ist besonders wichtig, denn hier geht es um die sogenannte Feindiagnostik des Kindes. Zu diesem Zeitpunkt ist die Schwangerschaft so weit fortgeschritten, dass sämtliche Organsysteme voll ausgebildet bzw. gut sichtbar sind. Das gilt insbesondere für die Hirndiagnostik und die Echokardiografie, also die Herzdiagnostik. Bei dieser Untersuchung lassen sich Fehlbildungen, teilweise auch schwere Fehlbildungen, diagnostizieren. Das umfasst nicht nur genetische Fehlbildungen, sondern auch Herzfehler oder ähnliches. Somit dient dies nicht nur der Feststellung, sondern auch der Vorbereitung und Planung des Geburtsmanagements und die Vorbereitung möglicher Operationen nach der Geburt.
In der dritten großen Untersuchung, etwa ab der 30. Schwangerschaftswoche, betrachten wir die Entwicklung des Kindes, beispielsweise das Wachstum. Verläuft es normal oder ist das Kind zu klein oder zu groß? Gibt es Verzögerungen? Und vor allem: Was sind die Konsequenzen? Muss eine Geburt beispielsweise vorzeitig eingeleitet werden? So etwas wird mit der Dopplersonografie festgestellt, denn der Zeitpunkt für einen potenziellen Eingriff oder das Einleiten einer Frühgeburt muss genau bestimmt werden.
Wie lange arbeiten Sie schon in der Gynäkologie und Geburtshilfe?
Ich bin seit 1990 in der Gynäkologie und Geburtshilfe tätig. Mittlerweile habe ich mich vorrangig auf die geburtshilfliche Seite spezialisiert. Zudem hat sich die Pränataldiagnostik sehr weiterentwickelt, nicht zuletzt durch die revolutionäre Entwicklung der Ultraschallgeräte, also des technischen Fortschrittes. In der Pränataldiagnostik bin ich bereits seit knapp 15 Jahren tätig.
Was hat Sie dazu bewegt, sich für diesen Beruf zu entscheiden?
Ursprünglich ging es darum, ein operatives Fach zu belegen. Ich konnte mich entscheiden zwischen der direkten Chirurgie, der Urologie, der Gynäkologie und Geburtshilfe sowie der Orthopädie. Meine Wahl fiel auf die Gynäkologie und Geburtshilfe, da sich hier auch zwei unterschiedliche Fachbereiche vereinen. Bis heute bin ich sehr glücklich über die Entscheidung.
Wie ordnet sich die Pränataldiagnostik in die Gynäkologie und Geburtshilfe ein?
Die Pränataldiagnostik ist an sich ein noch sehr junges Fachgebiet. Es hat allerdings auch gesellschaftlich einen sehr hohen Stellenwert erreicht. Denn unser Anspruch an eine sichere Schwangerschaft und Geburt ist sehr hoch. Hier geht es vor allem darum, vor der Geburt sicherzustellen, dass das Kind gesund ist. Diesem Anspruch wollen wir natürlich gerecht werden und dank der wissenschaftlichen sowie technischen Weiterentwicklung ist dies immer besser möglich – wenngleich auch das nicht immer hundertprozentig zu erreichen ist.
Die Frauen bekommen heutzutage immer weniger Kinder und werden später Mutter. Auch deswegen hat dieses Fachgebiet einen so hohen Stellenwert. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den fetalen Fehlbildungen, denn das kann mitunter schwerwiegende Konsequenzen haben. Schwere Fehlbildungen ziehen unter Umständen einen Schwangerschaftsabbruch nach sich. Aber auch Herzfehler und andere Fehlbildungen wie Klumpfußbildung oder Spaltbildungen im Gesicht können inzwischen hervorragend korrigiert werden. Wichtig ist, die Schwangeren bzw. die Eltern dabei gut vorzubereiten, zu führen und zu betreuen, denn mitunter kommen sehr anspruchsvolle Aufgaben auf sie zu.