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Hypochondrie: erkennen und behandeln

Heute ein Zwicken im Bauch, morgen Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit. Während sich die meisten Menschen nichts weiter aus solchen körperlichen Beschwerden machen, fragen sich andere: "Bin ich ernsthaft krank?" – und können diesen Gedanken nicht mehr loslassen.

Mentale Gesundheit - Angstzustände & Panikattacken

Was ist Hypochondrie?

"Hypochondrie ist eine psychische Erkrankung und beschreibt die Angst vor dem Kranksein. Die Betroffenen sind mitunter fest davon überzeugt, krank zu sein, obwohl kein medizinischer Nachweis zur Sorge besteht“, so Privatdozent Dr. Christian Brünahl, Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an den Helios Kliniken Schwerin.  Wer unter Hypochondrie leidet, beobachtet seinen Körper übergenau und deutet kleinste Veränderungen als Anzeichen einer schlimmen Krankheit.

Typisch für Hypochondrie sind vor allem drei Verhaltensweisen:

  1. Body Checking: Betroffene untersuchen ihren Körper sehr genau, beispielsweise durch Abtasten, Abhören oder indem sie etwa über Blutdruck, Puls oder Gewicht Protokoll führen.
  2. Häufige Rückversicherung bei Ärzten: Manche Betroffene sind wahre Dauergäste im Wartezimmer, da sie die ständige Rückversicherung brauchen, dass wirklich alles in Ordnung ist und sie nicht krank sind.
  3. Krankheitsrecherche im Internet: In etwa so groß wie die Angst vor der Krankheit ist auch das Interesse daran. Viele Betroffene informieren sich sehr gewissenhaft über Krankheiten, Infektionen oder Gesundheitsgefahren - in der Hoffnung, so ihre Angst in den Griff zu bekommen.

Diese Verhaltensweisen führen häufig zu unnötigen medizinischen Untersuchungen.

Frauen und Männer leiden in etwa gleich häufig an der Angst vor dem Kranksein. Etwa sechs von 100 Betroffenen in Deutschland haben eine milde Form der Hypochondrie. Bei circa einer von 100 Betroffenen sind die Ängste behandlungsbedürftig und beeinträchtigen den Alltag und das Wohlbefinden. 

Helios Kliniken Schwerin

Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Hypochondrie ist eine psychische Erkrankung und beschreibt die Angst vor dem Kranksein. Die Betroffenen sind mitunter fest davon überzeugt, krank zu sein, obwohl kein medizinischer Nachweis zur Sorge besteht.

Was sind Ursachen einer hypochondrischen Störung?

Die genauen Ursachen der Hypochondrie sind bisher unbekannt. "Wir gehen davon aus, dass verschiedene Faktoren, wie Kindheitserfahrungen, der Einfluss von Erziehung und Persönlichkeitseigenschaften, eine wichtige Rolle spielen", sagt der Chefarzt. 

Oft haben Hypochonder in der Kindheit und Jugend Ereignisse erlebt, die einen normalen Umgang mit Körperbeschwerden erschweren oder unmöglich machen. Dazu zählen etwa ein angstfördernder Erziehungsstil, eine eigene schwere Erkrankung in der Kindheit und Jugend oder aber die schwere Erkrankung eines Familienmitglieds.

Infolge dessen brennen sich oft Gedanken wie "Krankheit ist immer (lebens-)bedrohlich" oder "Nur wer beschwerdefrei ist, ist auch gesund" ein. Auslöser der Ängste im Erwachsenenalter sind in der Regel negative Lebensereignisse, wie eine Trennung, der Tod eines Angehörigen, negative Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem oder Stress. Genetische Faktoren sollen hingegen nahezu keine Rolle bei der Entstehung der Erkrankung spielen.

Diagnose: Bin ich Hypochonder?

Die Hypochondrie ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung, daher sollten Betroffene bei Verdacht professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Erste Hilfe finden sie in der Regel beim Hausarzt, der an einen Psychosomatiker oder einen Psychiater überweist. Wichtig ist, dass der Arzt vorab zwei Punkte absichert: Erstens, es liegt keine organische Ursache für die Symptome, wie etwa Multiple Sklerose, eine Schilddrüsenerkrankung oder ein Tumor, vor.

Zweitens, der Patient zeigt Bereitschaft zur Therapie, da dies eine wichtige Bedingung für die Behandlung ist. "Es gibt standardisierte diagnostische Interviews, die uns dabei unterstützen die Diagnose zu stellen. Aber auch Fragebögen, wie der Whitley-Index, der bereits auf das Jahr 1967zurück geht, werden im klinischen Kontext eingesetzt", weiß PD Dr. Christian Brünahl.

Hypochondrie behandeln

Steht die Diagnose fest, sollten sich Betroffene in eine psychotherapeutische Behandlung begeben. Im Rahmen der Verhaltenstherapie lernen sie dort, mit ihren Ängsten und Sorgen im Alltag besser umzugehen und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Ziel ist, die eigene Denkweise aktiv zu hinterfragen, die Aufmerksamkeit weg vom Körper zu lenken und nicht mehr in ständiger Angst vor einer schweren Krankheit zu leben.

Bei einer stark ausgeprägten hypochondrischen Störung kann die Behandlung schwieriger sein. Eventuell ist im Rahmen der Therapie der Einsatz von Medikamenten, wie Antidepressiva, sinnvoll. Es gibt allerdings nur wenige wissenschaftliche Studien dazu.

Tipps für den Alltag

Eine Verhaltenstherapie ist der beste Weg, um mit der Hypochondrie umgehen zu lernen. Denn die stetige Angst um die eigene Gesundheit kann Stress und Druck schüren. Entspannungstechniken können bei Hypochondern helfen, den Stress im Alltag etwas reduzieren.

Einfach, aber effektive Entspannungstechniken sind:

  • Meditation: Sie wirkt beruhigend. Regelmäßiges meditieren kann entspannend wirken, da Betroffene während der Meditation den Fokus verschieben und sich so von Ängsten freimachen können. Für negative Gedanken ist währenddessen kein Platz.
  • Autogenes Training: Hierbei versetzt man sich eine Art Selbsthypnose und versucht mit autosuggestiven Formulierungen einen tiefen Ruhezustand zu erlangen. Ziel ist die tiefen Entspannung und das Hervorholen positiver Gedanken.
  • Progressive Muskelentspannung: Diese Technik beruht auf der wechselnden An- und Entspannung einzelner Körperregionen. So wird nacheinander der gesamte Körper entspannt.
  • Atemübungen: Sie können besonders bei einem akuten Angstanfall beruhigen. Mit gezielten Atemtechniken kann ein tiefer, ruhiger Atemrhythmus erzeugt werden, der den gesamten Körper entspannt.

Unterstützung durch Angehörige

"Unterstützung und Mitgefühl sind wichtig. Angehörige sollten den Betroffenen mit seinen Ängsten und Sorgen ernst nehmen", empfiehlt der Schweriner Chefarzt. Zu guter Letzt hilft es auch, wenn Angehörige dazu ermutigen, professionelle Unterstützung zu suchen. Was Angehörige zudem verinnerlichen sollten: Es handelt sich um keine eingebildete Krankheit. Die Betroffenen leiden wirklich unter der Störung, ihre Ängste sind echt.

Helios Kliniken Schwerin

Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Unterstützung und Mitgefühl sind wichtig. Angehörige sollten den Betroffenen mit seinen Ängsten und Sorgen ernst nehmen.

Verlauf und Prognose der Hypochondrie 

Eine Therapie kann die Beschwerden der Hypochondrie lindern oder sogar heilen. Je länger Hypochonder jedoch unbehandelt damit leben, desto schwieriger kann die Therapie sein. Auch zusätzliche psychische Erkrankungen, wie Angststörungen oder Depressionen können die Behandlung schwieriger machen. Je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto günstiger für den Verlauf.  

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