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Übergewicht bei Kindern – Fragen, Fakten und Folgen

In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl übergewichtiger Kinder in Deutschland stark angestiegen. Mittlerweile ist jedes fünfte Kind übergewichtig. Mangelnde Bewegung und die falsche Ernährung sind hauptsächlich verantwortlich für Übergewicht bei Kindern. 

07. Juli 2023
Jelly sweets

Bewegungsmangel und falsche Ernährung begünstigen Übergewicht

Eigentlich sollten Kinder laufen, springen, toben und klettern. Doch die Realität sieht meist anders aus: Immer mehr Tätigkeiten erfolgen im Sitzen. Sie bewegen sich kaum in der Schule, danach sitzen sie zu Hause vor der Konsole oder dem Tablet. 
„Die digitale Welt ist längst bei den Kleinsten der Gesellschaft angekommen", sagt Dr. Rabea Wehnert, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin im Helios Klinikum Krefeld.

Hinzukommt die ständige Verfügbarkeit von Süßigkeiten, Fast Food und Softdrinks. Diese Kombination aus Bewegungsmangel und falscher Ernährung kann jedoch schnell zu Adipositas (krankhaftem Übergewicht) führen.

„Die nicht verbrauchte Energie wird in Form von Fett gespeichert. Neben psychischen Problemen leiden Kinder häufig schon an gesundheitlichen Problemen und Folgeerkrankungen der Adipositas“, erklärt Dr. Wehnert.

Symptome für Übergewicht

Übergewichtige Kinder zeigen eine Vielzahl an Beschwerden, die durch die überschüssigen Fettpolster bedingt sind.

Zu den häufigsten Symptomen zählen:

  • Kurzatmigkeit und schlechte Belastbarkeit
  • Gelenkschmerzen
  • niedriges Selbstwertgefühl
  • Antriebslosigkeit
  • Depression
  • Mobbing
  • Müdigkeit, beispielsweise durch nächtliche Atempausen (Schlafapnoe)
  • Hautveränderungen (Acanthosis)
  • bei Mädchen Zyklusstörungen und vermehrte Behaarung 

Helios Klinikum Krefeld

Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin

Neben psychischen Problemen leiden Kinder häufig schon an gesundheitlichen Problemen und Folgeerkrankungen der Adipositas.

Risikofaktoren und Ursachen für Übergewicht

Es gibt viele Gründe, warum Kinder übergewichtig sind oder gar Adipositas haben. Bis zu 70 Prozent sind auf genetische Veranlagungen zurückzuführen, der Rest ist beeinflussbar.

Bewegungsmangel im Alltag

Kinder bewegen sich immer weniger. Sie sitzen tagsüber in der Schule oder werden von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule gefahren. Auch ihre Freizeit verbringen viele Kinder häufig lieber vor dem Fernseher oder dem Computer als im Sportverein. Die fehlende Bewegung stellt ein erhöhtes Risiko für Übergewicht dar und begünstigt das Ansetzen von Fettpolstern.

Hier greift die Vorbildfunktion der Eltern, denn Kinder schauen sich viel von ihren Eltern ab. Sind diese sportlich aktiv, wollen Kinder es ihnen nachahmen.

Falsche Ernährung

Auch eine fett- und zuckerreiche Ernährung begünstigt Übergewicht bei Kindern. Hier wird es besonders heikel, wenn Kinder die Nahrungsaufnahme mit einem ungünstigen Essverhalten in Verbindung bringen. Sei es, dass Essen als Belohnung oder in Stresssituationen als Frustessen angesehen wird. Dieses Verhalten wird oft ein Leben lang beibehalten und kann zu Adipositas führen. Das Ernährungsverhalten lernen die Kinder durch ihre Eltern. Wenn sich schon die Eltern falsch ernähren, übernehmen Kinder dies ebenfalls.

Medikamente und Erkrankungen

Manche Medikamente können die Gewichtszunahme beeinflussen und zu Übergewicht führen. Dazu zählen zum Beispiel Cortison und bestimmte Antidepressiva. Endokrinologische Grunderkrankungen von hormonproduzierenden Drüsen, wie beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion, Morbus Cushing oder auch Erkrankungen der Hirnanhangdrüse sind bei circa einem Prozent der adipösen Kinder als Ursache zu nennen.

Ab wann gelten Kinder als übergewichtig?

Der Body-Mass-Index (BMI) bestimmt auch bei Kindern, ob ihr Gewicht im Normalbereich ist oder nicht. Bei Babys, Kindern und Jugendlichen gibt das sogenannte Perzentile Auskunft über die gewünschte Entwicklung anhand von Vergleichswerten aller Kinder im gleichen Alter. Verlaufskurven von BMI-Perzentilen zeigen grafisch Vergleichswerte in Bezug auf das jeweilige Alter.

Dr. Rabea Wehnert erläutert, wie der BMI bei Kindern ermittelt wird: „Das Normalgewicht eines Kindes liegt zwischen der 10. und der 90. BMI-Perzentile. Kinder unter der 10. BMI-Perzentile gelten als untergewichtig und Kinder über der 90. BMI-Perzentile als übergewichtig. Kinder, die adipös sind, liegen über der 97. BMI-Perzentile.“

Folgen für die Gesundheit

Übergewicht bei Kindern kann die physische und psychische Entwicklung beeinflussen. Insbesondere bei starkem Übergewicht zeigen sich spätestens beim Übergang ins Erwachsenenalter Folgen der Adipositas. So haben Betroffene neben psychischen Problemen häufig auch Bluthochdruck, Gelenkbeschwerden und Vorformen von Altersdiabetes.

Weitere mögliche Folgeerkrankungen sind:

  • Glukosetoleranzstörung
  • Diabetes Mellitus Typ 2
  • Schlafapnoesyndrom (nächtliche Atemaussetzer)
  • Gelenkschäden (Knie, Hüfte, Sprunggelenk)
  • Pseudotumor Cerebri (Erhöhter Hirndruck ohne bekannte Ursache)
  • Fettleber
  • Gallensteine
  • Depression
  • polyzystisches Ovarsyndrom (Überschuss an männlichen Hormonen)
  • Bluthochdruck
  • Arteriosklerose (dadurch erhöhtes Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt)
  • Gicht
  • erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen

Prävention von Adipositas bei Kindern

Übergewicht bei Kindern lässt sich in vielen Fällen vorbeugen. Hier sind vor allem die Eltern gefragt.

Während der Schwangerschaft und nach der Geburt

Es geht bereits während der Schwangerschaft los. Schon hier sollten sich werdende Mütter gesund und ausgewogen ernähren. Sie können zwar für zwei denken, aber sollten nicht für zwei essen.

Auch das Stillen ist ein wichtiger Faktor, da es das Risiko von Übergewicht bei Kindern senkt. Besonders bei übergewichtigen Müttern ist Stillen eine wichtige Präventionsmaßnahme. Zudem erhöht sich das Risiko für Kinder, an Adipositas zu erkranken um 30 Prozent, wenn Mütter während der Schwangerschaft rauchen.

Aufklärung über Ernährung

Eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen ist die gesundheitliche Aufklärung über Ernährung. Dies kann beispielsweise in der Schule erfolgen. Wichtig ist auch hier, die Eltern miteinzubeziehen. Denn gerade bei kleinen Kindern schmieren Eltern die Schulbrote und können die gesunde Ernährung positiv beeinflussen.

Zeit nehmen für Ernährung

Eltern und Kinder sollten sich Zeit zum Essen nehmen. Das umfasst eine gemeinsame Planung der Speisenauswahl, den Einkauf der Lebensmittel, die Zubereitung und schließlich das Essen selbst. Auf diese Weise können Kinder schon von klein auf lernen, dass das Wort "Zeit" in Mahlzeit eine wichtige Bedeutung hat.

Aktivitäten im Alltag

Neben dem Schulsport ist es sinnvoll, Kinder zu weiterer Bewegung zu animieren. So kann bei gutem Wetter und einer angemessenen Distanz der Schulweg mit dem Rad anstatt mit dem Bus zurückgelegt werden.

Ebenso sollte das Spielen an der frischen Luft bevorzugt und gefördert werden, um die nötige Bewegung in den Alltag des Kindes zu bringen. Auch hier haben Eltern eine Vorbildfunktion. Sitzen sie selbst den ganzen Tag und bewegen sich kaum, wird das Kind dieses Verhalten übernehmen.

Was können Eltern tun?

Haben Eltern das Gefühl, ihr Kind könnte übergewichtig sein, sollten sie zunächst ärztlichen Rat einholen. Zudem sollten Eltern ein positives Beispiel sein und neben einer gesunden und ausgewogenen Ernährung auch Bewegung und Sport vorleben. Also das Kind lieber einmal zu Fuß zur Schule bringen als immer mit der Bahn oder dem Auto.

Zudem sollten Eltern ihre Kinder nicht auf Diät setzen, sondern vielmehr eine altersgerechte Ernährung anhand der Ernährungspyramide ermöglichen. Auch das sogenannte Optimix-Prinzip eignet sich für eine gesunde Ernährung des Kindes. Es basiert auf dem Konzept der optimierten Mischkost und legt Wert auf eine abwechslungsreiche sowie frische Kost. Das Optimix-Prinzip kann die Ernährungsgewohnheiten ab dem ersten Lebensjahr formen und unterstützen.

Für die Lebensmittelauswahl sind vier einfache Regeln zu beachten:

  • sparsamer Umgang mit fettreichen Lebensmitteln und Süßigkeiten
  • mäßiger Einsatz von tierischen Lebensmitteln
  • reichliche Mengen pflanzlicher Lebensmittel
  • bevorzugt Wasser und Tee als Getränke

Auch Naschereien sind erlaubt, allerdings sollten diese nur circa 10 Prozent der zugeführten Energie ausmachen. Die restlichen 90 Prozent sollten auf Lebensmitteln basieren, die viele Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe haben.

Schulungsprogramme für übergewichtige Kinder

Wenn Ihr Kind an starkem Übergewicht leidet und bereits gesundheitliche Probleme hat, bieten sich spezielle Adipositasprogramme an. Diese Schulungsprogramme sollen zu einer dauerhaften Umstellung der Ess- und Lebensgewohnheiten beitragen und Folgeerkrankungen der Adipositas vermeiden.

Wenden Sie sich dazu an Ihre betreuende kinderärztliche Praxis. Erkundigen Sie sich auch bei Ihrer Krankenkasse nach entsprechenden Kursen (Kochkurse, Ernährungsberatung) oder Sportgruppen in Ihrer Nähe. 

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