Schlafproblemen auf der Spur: Ein Besuch im Schlaflabor
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Schlafprobleme im Blick

Schlafproblemen auf der Spur: Ein Besuch im Schlaflabor

Wer unter Schlafstörungen leidet, kann seinen Schlaf in einem Schlaflabor gründlich untersuchen und eine Diagnose ermitteln lassen. Wir verraten Ihnen, warum sich ein bis zwei Nächte im Schlaflabor positiv auf Ihren Schlaf auswirken können.

„Im Schlaflabor möchte ich auch mal arbeiten – da kann man herumliegen.“ Diesen Satz hat Oberarzt Dr. Andre Barleben schon oft gehört. Er leitet das pneumologische Schlaflabor der Helios Kliniken Schwerin, das mit 21 Messplätzen zu den größten in Deutschland gehört. Mit Herumliegen hat seine Arbeit aber allenfalls für die Patienten zu tun.

älterer Mann mit Brille blickt direkt in Kamera gerichtet
Dr. Andreas Barleben, leitender Oberarzt im Schlaflabor der Helios Kliniken Schwerin | Foto: Helios

Als Dr. Barleben Anfang der 90er Jahre als Schlafmediziner anfing, entstanden gerade die technischen Möglichkeiten, um das Schlafverhalten mithilfe von Computeranalysen auszuwerten. „Mitte der 80er Jahre musste man pro Nacht noch 600 Seiten Papier auswerten“, sagt der Experte. „Jetzt konnte man auf einmal Krankheitsbilder, wie zum Beispiel Schlafapnoe, effektiv eruieren und behandeln.“

25 Jahre später haben sich die Möglichkeiten der Schlafmedizin noch um einiges weiterentwickelt. Mithilfe umfangreicher Messungen lassen sich heute im Schlaflabor detaillierte Erkenntnisse über Schlafstörungen aller Art gewinnen – von nächtlichen Atemstörungen über schlafbezogene Bewegungsstörungen bis zu chronischer Schlaflosigkeit.

Auch wenn „Labor“ nach wissenschaftlichem Experimentieren klingt: Im Schlaflabor wird keinesfalls herumprobiert, sondern zielgerichtet nach gefährlichen Schlafstörungen gesucht. Krankheitsbilder, wie das Schlafapnoe-Syndrom, lassen sich auf diese Weise gut aufdecken und behandeln. „Wir können wirklich helfen“, so Dr. Barleben.

Wann kann das Schlaflabor helfen?

„Natürlich müssen Sie nicht ins Schlaflabor kommen, wenn Sie mal zwei, drei Tage am Stück schlecht schlafen“, sagt Dr. Barleben. Oft habe schlechter Schlaf einfach mit der falschen Schlafhygiene zu tun, etwa mit warmen Temperaturen im Sommer: „Wenn Sie sich in einer warmen Sommernacht dann noch einen späten Grillimbiss und alkoholische Getränke genehmigen, ist ein unruhigerer Schlaf nichts Ungewöhnliches“, so der Schlafmediziner.

Doch die Schlafmedizin kennt zahlreiche Schlafstörungen, die tieferliegende Ursachen haben als eine ungünstige Schlafumgebung oder eine vorübergehende Ausnahmesituation.

Einige dieser Schlafprobleme können auf andere Erkrankungen zurückgeführt werden. „Störungen, die in Richtung Depression oder Burn-out gehen und mit starker Erschöpfung verbunden sind, werden in der Regel von Neurologen oder Psychiatern behandelt“, sagt Barleben.

„Zu uns kommen zumeist Menschen mit somatischen Schlafstörungen, die also organisch bedingt sind.“ Sie litten tagsüber oft an starker Müdigkeit und Schläfrigkeit, so als würden sie gleich einschlafen. „Diese Gruppe ist bei uns im Schlaflabor gut aufgehoben.“

Bedarf an Schlaflaboren wurde unterschätzt

Ein helles Zimmer mit Fenster in dem ein großes Bett und ein Sessel zu sehen sind.
Patientenzimmer im Schlaflabor Schwerin | Foto: Helios

Die Nachfrage ist vorhanden: Rund 1.500 neue Patienten finden jedes Jahr den Weg ins Schweriner Schlaflabor. Die Messplätze sind über Monate hinweg im Voraus ausgebucht.

Das liegt auch an einer fehlerhaften Berechnung des Bedarfs an Schlaflaboren in den 90er Jahren: „Damals ging man davon aus, dass etwa zwei bis vier Prozent der Menschen unter Schlafstörungen leiden“, sagt Barleben. Eine Fehleinschätzung: „Allein vom Schlafapnoe-Syndrom sind bis zu zwölf Prozent der Bevölkerung betroffen.“

Schlafapnoe-Patienten mit gefährlichen Atemaussetzern sind typische Gäste im Schlaflabor. „Die Betroffenen schnarchen so, dass sich der Hals verschließt und keine frische Luft mehr in die Lunge strömt“, sagt Barleben. Es folgt eine Weckreaktion durch den abfallenden Sauerstoffgehalt im Blut. „Diese Weckreaktion stört den Schlaf“, so der Schlafmediziner. „Der Schlaf bleibt im flachen Zustand, Traum- und Tiefschlafphasen kommen zu kurz.“ Die Folge: Der Schlaf ist nicht erholsam.

Die Betroffenen – überwiegend Männer – fühlen sich zwar häufig müde, Maßnahmen ergreifen aber immer noch zu wenige, wie Dr. Barleben berichtet: „Oft müssen sie von ihren Partnerinnen, die die Atemaussetzer in der Nacht mitbekommen, zum Arztbesuch regelrecht verdonnert werden.“

Liefert der Blick des Hausarztes auf die gesundheitliche Vorgeschichte keine Hinweise auf eine anderweitige Schlafstörung, wird eine Voruntersuchung angeregt. „In diesem Fall nimmt der Patient ein kleines Gerät mit nach Hause. Das zeichnet auf, ob im Schlaf etwas passiert, was den Schlaf stört.“ Werden Auffälligkeiten festgestellt, erfolgt die Überweisung ins Schlaflabor.

So verläuft eine Nacht im Schlaflabor

1. Die Voruntersuchung

Patienten, die die Nacht bei uns im Schlaflabor verbringen, kommen tagsüber zur Voruntersuchung. In stationär arbeitenden Schlaflaboren, wie unserem mit einem großen Einzugsgebiet bleiben die Schlafpatienten gleich hier.

Gerade in ambulanten Schlaflaboren gehen sie nach der Voruntersuchung oft noch einmal nach Hause und kommen abends zum Schlafen wieder.

Eine Schaufesnterpuppe steht neben einem Bett. Sie ist verkabelt und trägt einen Patientenkittel.
Durch spezielle Überwachungssysteme können zum Beispiel Atemaussetzer ermittelt werden | Foto: Helios

2. Die Verkabelung

Am Abend zwischen neun und zehn Uhr werden die Schlafpatienten verkabelt: je nach Bedarf unter anderem mit Brustgürtel, Bauchgürtel, Sauerstoffsensor, Schnarch-Mikrofon und allen möglichen Elektroden am Kopf.

Durch die Messgeräte schlafen viele natürlich etwas unruhiger. Wir sehen an den Messdaten, dass sie zum Beispiel häufiger aufwachen oder länger im Flachschlaf bleiben. Trotzdem sind die Messungen fast immer aussagekräftig.

Nur ganz selten können Patienten gar nicht schlafen. Dann werten wir die erste Nacht als „Adaptationsnacht“ und lassen eine weitere „Diagnostiknacht“ folgen. Meistens aber profitieren wir von der Aufregung vor dem Krankenhausaufenthalt: Wenn die Patienten deswegen in der Nacht zuvor zu Hause schlecht schlafen, schlafen sie bei uns umso besser.

Die ganze Nacht über ist ein Team von Funktionsdiagnostikern vor Ort, das die verkabelten Patienten betreut. Über einen Klingelknopf können die Patienten einen Mitarbeiter herbeirufen, etwa um die Kabel für einen nächtlichen Toilettengang zu entfernen.

Ein Raum mit vielen Bildschirmen in einer Reihe. Davor stehen Stühle, die zu den Bildschirmen gerichtet sind.
Der Schlafüberwachungsraum bei Tag | Foto: Helios

3. Die Aufzeichnung

Die Aufzeichnung der Messdaten läuft in der Regel acht Stunden lang – von 22.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens. Sechs Stunden davon werden im Schnitt ausgewertet.

Je nach Ergebnis der Voruntersuchung werden eine ganze Reihe von Werten überwacht, um ein aussagekräftiges Schlafprofil zu erhalten, unter anderem:

  • Atmung an Mund und Nase
  • Augenbewegungen im EOG (Elektrookulografie)
  • Hirnströme im EEG (Elektroenzephalogramm)
  • Muskelspannung im EMG (Elektromyografie)
  • Herzrhythmus im EKG (Elektrokardiogramm)
  • Sauerstoffgehalt im Blut

Hinzu können Video- und Tonbandaufnahmen kommen, mit denen wir das Schnarchen und das Liegeverhalten beobachten.

 

4. Die Auswertung

Für die Auswertung der gesammelten Messergebnisse am nächsten Morgen brauchen wir im Bestfall 15 bis 20 Minuten, manchmal bis zu 45 Minuten.

Die aufgezeichneten Werte verraten uns viel über das Schlafverhalten des Patienten, zum Beispiel:

  • Wann befindet sich der Patient in welchem Schlafstadium?
  • Was passiert im Tiefschlaf, im Traumschlaf und im Flachschlaf?
  • In welcher Lage schläft der Patient – eher auf dem Rücken oder eher auf der Seite?

Wir suchen im individuellen Schlafprofil gezielt nach bestimmten Mustern und Unregelmäßigkeiten, die uns Hinweise für die Diagnose liefern, etwa Atemaussetzer beim Schnarchen.

 

5. Die Diagnose und Beratung

Meistens können wir anhand der entdeckten Auffälligkeiten und Muster eine recht genaue erste Diagnose vornehmen – und am nächsten Tag direkt in die Beratung gehen.

Schlafapnoe: Nach der Diagnose ist vor der Behandlung

Im Beratungsgespräch werden die Weichen für die weitere Behandlung gestellt. Barleben: „Wenn wir etwa ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom feststellen, dann besprechen wir mit dem Betroffenen auch gleich konkrete Maßnahmen.“

Bei kleineren Störungen hängt das weitere Vorgehen auch vom individuellen Leidensdruck ab: Wie sehr leidet der Patient unter seiner Störung? Beeinträchtigt ihn die Müdigkeit stark im Alltag? Fühlen sich Partnerin oder Partner gestört?

Therapiemaßnahmen im Überblick:

Eine CPAP-Therapie – für die Atemwege

Eine klassische Behandlung von nächtlichen Atemstörungen, wie einer Apnoe, ist die sogenannte „CPAP“-Therapie (CPAP = Continuous Positive Airway Pressure).

Dabei tragen Betroffene nachts eine spezielle Maske, welche die Atemwege offenhält. „Die meisten Menschen kommen gut mit den Masken zurecht“, sagt Barleben.

Ein Zungengrund-Schrittmacher für Menschen mit Klaustrophobie 

Besonders Menschen mit Klaustrophobie können in seltenen Fällen Probleme mit dem Tragen der Maske haben. Für diese Menschen kann ein Zungengrund-Schrittmacher das Mittel der Wahl sein.

„Der Schrittmacher funktioniert ähnlich wie ein Herzschrittmacher“, erklärt Barleben. „Beim Einatmen wird die Zungengrundmuskulatur angespannt, um den Schlund zu öffnen – und so eine ungehinderte Atmung zu ermöglichen.“

 

Eine Unterkiefer-Protrusionsschiene für eine bessere Atmung

In weniger schweren Fällen kann eine sogenannte „Unterkiefer-Protrusionsschiene“ zum Einsatz kommen. Die Schiene schiebt den Unterkiefer nach vorne, um den Schlund zu erweitern und so das Atmen zu erleichtern.

Barleben: „Solche Schienen tragen häufig jüngere Männer, die ihr Schnarchen loswerden, aber aus Eitelkeit auf die Maske verzichten wollen.“

 

RLV – die Rückenlagevermeidung gegen Schnarchen

Wenn die Schlafstörung selbst ungefährlich ist und das Vermeiden des Schnarchens im Vordergrund steht, können auch Maßnahmen zur Vermeidung der Rückenlage fruchten. „Viele Menschen schnarchen nur dann, wenn sie auf dem Rücken schlafen“, sagt der Schlafmediziner.

Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Produkten, die verhindern sollen, dass man nachts in Rückenlage gerät – von speziellen T-Shirts über Schlafwesten und Gurten bis hin zu Rucksäcken.

 

Weitere Maßnahmen – und wovon eher abzuraten ist

Neben den gängigen Maßnahmen kommen Schlafapnoe-Patienten gelegentlich selbst auf unkonventionelle Ideen, wie Barleben zu berichten weiß: „Ein Ingenieur hat sich selbst eine Gaumensegelschlinge gebaut, um das Gaumensegel nach vorne zu holen.“ Von solchen exotischen Lösungen rate der Schlafmediziner selbst jedoch ab.

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