Kathrin Heinrich besiegt den Brustkrebs gleich zweimal
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Rückfall nach 20 Jahren

Kathrin Heinrich besiegt den Brustkrebs gleich zweimal

Wer den Kampf gegen den Krebs gewinnt, weiß: Die Erkrankung kann wiederkommen. Nach einem Jahr, nach fünf Jahren – oder auch nach 20 Jahren, wie Kathrin Heinrich erleben musste.

„Einige Erinnerungen verlassen einen nie wieder“, sagt Kathrin Heinrich. „So wie die Chemotherapie den Körper nie wieder vollständig verlässt.“ Ihre eigenen Erinnerungen sind geprägt von Schicksalsschlägen und schweren Zeiten, aber auch von schönen Momenten und wunderbaren neuen Freundschaften.

Frau ohne Haare lächelt andere Frau an
Kathrin Heinrich behielt ihr Lächeln | Foto: Kora Media

Ihre Geschichte beginnt im Herbst 1998: Kathrin Heinrich ist 32 Jahre alt, Lehrerin an einer Gesamtschule mit Grundschulteil in der Nähe von Cottbus. Sie ist verheiratet, hat einen sechsjährigen Sohn. Als sie kurz vor Weihnachten einen Knoten in ihrer Brust entdeckt, zögert Kathrin zunächst damit, sich untersuchen zu lassen. „Vor Weihnachten wollte ich nicht mehr zum Arzt gehen“, sagt sie. „Ich dachte: Sonst sind die Feiertage im Eimer.“

Im neuen Jahr wird eine Ultraschall-Untersuchung durchgeführt, anschließend eine Mammographie. Der untersuchende Arzt sagt: „Egal, was es ist, es ist so groß, es muss raus.“ Der Eingriff im Helios Klinikum Bad Saarow, das damals noch Humaine Klinikum heißt, verläuft reibungslos. Der Tumor wird entfernt, das Gewebematerial zur histologischen Untersuchung eingeschickt. 14 Tage später teilt eine Ärztin Kathrin die Diagnose mit: Brustkrebs. Die Brust muss amputiert werden.

Eine Welt bricht zusammen

Zwei Frauen sitzen auf Krankenhausstühlen und sind an Infusionsgeräte angeschlossen
Nach der Operation folgte die Chemotherapie | Foto: Kora Media

Der Befund trifft Kathrin Heinrich bis ins Mark. „Mich erwürgt jemand, ich muss ersticken – so fühlte es sich an“, erzählt sie. Nach dem Diagnosegespräch bricht sie in ihrem Zimmer zusammen. Eine Krankenpflegerin des Bad Saarower Krankenhauses kümmert sich um sie, nimmt sie in den Arm. „Sie hat bestimmt zwei Stunden bei mir gesessen und war für mich da.“

Am meisten zu schaffen macht Kathrin die Frage: Wie bringe ich das meinem Sohn bei? Der sechsjährige Florian hat bereits eine Krebserkrankung im Bekanntenkreis miterlebt, die tödlich verlief. „Wie wird er es aufnehmen, dass er jetzt womöglich seine Mami verliert“, fragt sie sich. Schließlich erzählt sie es ihm und bereut es nicht: „Mein Sohn hat mir emotionalen Halt gegeben – und ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnte.“

Im Februar 1999 wird Kathrin Heinrich operiert, danach beginnt die Chemotherapie: insgesamt sieben Zyklen im Abstand von jeweils 14 Tagen. Die ersten vier „hauen rein“, wie Kathrin es ausdrückt, die letzten drei verträgt sie gut. Am Ende muss sie kleinere Komplikationen überstehen, dann hat sie es geschafft: Der Krebs ist besiegt.

Eine Aufgabe zu haben, hat mir geholfen wieder reinzukommen. Mit jedem Tag fühlt man sich der Sache mehr gewachsen.

Kathrin Heinrich über die Rückkehr in ihren Beruf als Lehrerin

Ein Jahr bis zur vollständigen Genesung

„Geschafft“ ist allerdings relativ. Die Therapie hat Kathrin Heinrichs Kräfte bis aufs äußerste strapaziert. „Nach den ersten Chemo-Sitzungen war ich so schwach, dass ich es kaum alleine ins Badezimmer geschafft habe“, erinnert sie sich. Bevor an eine Rückkehr in ihren Beruf als Lehrerin zu denken ist, gilt es, sich zu erholen.

Ihr fehlt die Arbeit, in die sie viel Herzblut steckt, und die Schüler vermissen sie auch: Als sie ihren Sohn zum ersten Mal zur Schule bringt, an der sie auch selbst unterrichtet, kommen Kinder zum Auto und fragen: „Wann kommen Sie wieder zurück zur Schule?“

Einige Monate später ist es endlich soweit: Genau ein Jahr ist seit der Diagnosestellung vergangen, als sie schließlich ins Klassenzimmer zurückkehren kann, zunächst mit einem reduzierten Stundenpensum. „Eine Aufgabe zu haben, hat mir geholfen wieder reinzukommen“, sagt Kathrin. „Mit jedem Tag fühlt man sich der Sache mehr gewachsen.“ Schon nach kurzer Zeit begleitet sie eine Klassenfahrt und merkt: Ich bin wieder da.

Immer wieder ein mulmiges Gefühl

Frau sitzt auf Parkbank im Krankenhauspark
20 Jahre später kam der Krebs zurück | Foto: Kora Media

Völlig unbeschwert ist das Leben nach der Chemo-Therapie aber nicht mehr. Kathrin horcht von nun an genauer in den eigenen Körper hinein, wohlwissend: Der Krebs kann wiederkommen. Bei den jährlichen Nachsorge-Untersuchungen im Helios Klinikum Bad Saarow ist stets ein mulmiges Gefühl dabei: „Es kann schon zermürbend sein“, gesteht sie. „Es kneift dir in den Bauch.“

Nach dem Termin, wenn Mammographie und Sonographie das gewünschte Ergebnis geliefert haben, geht es Kathrin Heinrich besser. Dann kauft sie im Blumenlädchen des Klinikums einen Blumenstrauß, übergibt ihn den Mitarbeiterinnen auf der Station und verabschiedet sich bis zum nächsten Jahr. In einem Jahr bringt sie selbstgestaltete Seidenschals als Dankesgeschenk mit, in einem anderen selbstgemalte Bilder.

Über die Jahre lernt sie viele Mitarbeiter kennen. Das mulmige Gefühl nimmt mit jedem Jahr ab, beinahe freut sie sich auf die Nachsorge-Termine. Als Kathrin Heinrich überhaupt nicht mehr damit rechnet – es ist das 20. Jahr nach ihrer Erkrankung – entdeckt der Arzt etwas Ungewöhnliches auf dem Bildschirm.

Ein unwürdiges Jubiläum

„Mein Jubiläum habe ich mir anders vorgestellt“, sagt Kathrin Heinrich, wenn sie sich an den Moment erinnert, der ihr Leben genau 20 Jahre nach der ersten Diagnose erneut auf den Kopf stellen sollte.

Dabei war ihr Leben auch vorher nicht arm an Turbulenzen: Fünf Jahre nach der ersten Erkrankung verstarb ihr Ehemann. Sie heiratete erneut, zog zu ihrer großen Liebe in eine Kleinstadt nahe Potsdam und verlor auch ihren zweiten Ehemann: an Krebs.

„Mit jedem Schicksalsschlag bin ich stärker geworden“, sagt Kathrin, wenn sie heute zurückblickt. „Ich bin ein Stehaufmännchen.“ Vielleicht auch deshalb bleibt sie beinahe gelassen, als sie bei der Nachsorgeuntersuchung einen Blick auf den Bildschirm wirft – und mit ihrem jahrelang geübten Blick das kranke Gewebe sofort erkennt. War sie vor 20 Jahren noch zusammengebrochen, nimmt sie den erneuten Krebs-Befund diesmal gefasst auf. „Aus der Bahn geworfen hat es mich nicht“, sagt sie.

Wir haben gemeinsam geweint, gelacht und zwischendrin gemeinsam geschlafen und geschnarcht.

Kathrin Heinrich über ihre Chemositzungen

Schaffen wir das noch einmal?

Der erste Anruf aus der Klinik gilt einer Kollegin in der Schule, in der Kathrin Heinrich seit einigen Jahren als Schulleiterin arbeitet. Der zweite ihrer Chefin, der Schulrätin. Beiden sagt sie nur: „Ich bin raus, ich habe Krebs.

Die Stanzbiopsie, bei der das Gewebe für die Untersuchung gewonnen wird, lässt sie noch durchführen, dann macht sie sich auf den 80 Kilometer langen Heimweg. Erst jetzt kommen die Sorgen – und es ist wieder die alte Frage, die sie treibt: Wie bringe ich das meinem Sohn bei?

Als Florian an diesem Tag von der Arbeit kommt, merkt er sofort, dass etwas nicht stimmt. „Was ist denn?“, fragt er seine Mutter und Kathrin antwortet: „Er ist wieder da.“ Ihr Sohn weiß sofort: Sie meint den Krebs. „Schaffen wir das noch ein zweites Mal?“, fragt sie ihn. Er nimmt sie wortlos in den Arm und beide wissen: Wir schaffen das.

Mädchentreff mit angeschlossener Chemotherapie

Im März 2019 beginnt die Chemotherapie im Helios Klinikum Bad Saarow. 16 Zyklen sind diesmal zu bewältigen. Dass Kathrin Heinrich die Therapie entspannter erlebt als 20 Jahre zuvor, liegt nicht nur daran, dass sie weiß, was auf sie zukommt. Es liegt auch an der Gesellschaft. Denn im Gegensatz zu damals, als sie die Chemo-Infusionen ganz alleine empfing, trifft sie in den Sitzungen diesmal auf drei andere Patientinnen, die sie vom ersten Augenblick an ins Herz schließt.

Zwei Frauen bei Chemotherapie
Mädchentreff bei der Chemotherapie | Foto: Kora Media

„Wir vier Mädels haben uns verstanden wie A*** auf Eimer“, sagt Kathrin. „Wir haben gemeinsam geweint, gelacht und zwischendrin gemeinsam geschlafen und geschnarcht.“ Sie gibt den anderen ihre Erfahrungen aus der ersten Erkrankung weiter, kann ihnen Mut zureden und Trost spenden, wenn sie einen schlechten Tag haben.

Während der Chemo-Sitzungen wird aber nicht nur über die Krankheit geredet, sondern auch über Familie, Beziehungen und über die großen und kleinen Fragen des Lebens. Rezepte werden ausgetauscht, die gemeinsamen Mahlzeiten der nächsten Woche geplant, die Krankheit rückt für kurze Zeit in den Hintergrund.

Augenzwinkernd nennt Kathrin ihren wöchentlichen Termin deswegen bald „Mädchentreff / Selbsthilfegruppe mit angeschlossener Chemotherapie“. Sie sagt: „Das war für mich in dieser Zeit der schönste Tag in der Woche. Und ich glaube, für die anderen auch.“

Erinnerungen, die bleiben

Drei Frauen sitzen auf Stuehlen, eine Frau steht vor ihnen und schminkt sie
Schminktipps vom Profi während der Chemotherapie | Foto: Kora Media

Der Zusammenhalt im „Mädchentreff“ habe ihr geholfen, ihre Erkrankung zu überstehen, sagt Kathrin Heinrich, als sie ein Jahr später auf der Gartenterrasse ihres Hauses sitzt und ihre Geschichte erzählt. Von hier aus kann sie das Vogelhaus im Nachbargarten beobachten, die Schwanzmeisen, Kohlmeisen und das Rotschwänzchen, das in jedem Frühjahr zurückkehrt. „Die Natur zu genießen – das gibt mir Frieden.“

Frieden hat Kathrin inzwischen auch mit ihrer Erkrankung gemacht. Der Krebs ist besiegt – erneut – aber er hat Spuren hinterlassen. Motorik und Beweglichkeit sind eingeschränkt. Hände, Füße, Gelenke und Muskeln schmerzen, ganz besonders an windigen Herbsttagen. Geblieben sind aber auch die Freundschaften aus dem Mädchentreff. Per Smartphone-Chat und Kurznachrichten werden regelmäßig die neuesten Nachrichten, Therapie-Updates und Zukunftspläne ausgetauscht.

Das Nachdenken über ihre eigene Zukunft hat für Kathrin Heinrich gerade erst begonnen. Ein Zukunftsplan ist aber bereits gefasst: Sobald wie möglich soll die Norwegen-Reise mit ihrem Vater nachgeholt werden, die im vergangenen Jahr wegen der Chemo-Therapie ausfallen musste. Dann möchte Kathrin Heinrich neue, schöne Erinnerungen sammeln, die sie nie wieder verlassen werden.  

Kathrin Heinrich macht Betroffenen Mut und teilt ihre Erfahrungen mit dem Brustkrebs.

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