"Insulinpumpen können die Lebensqualität steigern", erklärt PD Dr. Stefan Zimny, Chefarzt Allgemeine Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie in den Helios Kliniken Schwerin. Die Pumpe gibt kontinuierlich kleine Mengen Insulin an den Körper ab. Dadurch übernimmt sie die Funktion der Bauchspeicheldrüse und deckt die Grundversorgung des Körpers an Insulin, die sogenannte Basalrate.

Mehr Lebensqualität dank Insulinpumpe
Sie ist so groß wie eine EC-Karte und unterstützt ihren Träger, indem sie den Blutzuckerspiegel leichter unter Kontrolle hält: die Insulinpumpe. Wie sie funktioniert und für wen sie geeignet ist, haben wir beim Experten nachgefragt.
Wie funktioniert eine Insulinpumpe?
"Eine Insulinpumpe übernimmt die Aufgabe der Bauchspeicheldrüse. Sie muss von der Nutzerin oder dem Nutzer rund um die Uhr getragen werden, um die Basalrate an Insulin abzudecken", erklärt Dr. Zimny.
Basalrate kurz erklärt
Die Basalrate entspricht in der Insulinpumpentherapie dem Grundbedarf an Insulin, der unabhängig von Mahlzeiten besteht. Der Bedarf schwankt im Tagesverlauf und folgt einem tageszeitabhängigen Rhythmus der Insulinempfindlichkeit. Sie gibt an, wie stark die Körperzellen aus das Hormon Insulin ansprechen: morgens gegen 6 Uhr und am späten Nachmittag gegen 15 bis 17 Uhr ist der Bedarf normalerweise am höchsten. Mittags und nachts hingegen am niedrigsten. Bei regelmäßiger körperlicher Aktivität steigt die Insulinempfindlichkeit. Die gleiche Insulinmenge führt nun zu einer stärkeren Blutzuckersenkung oder bei einer gleichen Menge Zucker in der Nahrung zu einem geringeren Anstieg des Blutzuckers.
In der Insulinpumpentherapie wird die individuelle Basalrate vom Arzt festgelegt und lässt sich an den spezifischen Tagesbedarf anpassen.
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Eine Insulinpumpe übernimmt die Aufgabe der Bauchspeicheldrüse. Sie muss von der Nutzerin oder dem Nutzer rund um die Uhr getragen werden, um die Basalrate an Insulin abzudecken.

Die speziellen Katheter werden meist am Bauch, aber auch am Oberschenkel, den Hüften oder am Po gesetzt. Über einen dünnen Schlauch und eine Stahl- oder Teflonkanüle, die unter der Haut liegt, wird das Insulin ins Unterhautfettgewebe injiziert.
"Dazu entleert sich eine mit Insulin gefüllte Ampulle über einen festgelegten Zeitraum oder in festgelegten Schüben", erklärt Dr. Zimny. Das Gewinde dreht sich dazu immer weiter in die Ampulle und schiebt so das Insulin durch den Katheter ins Unterhautfettgewebe.
Per Knopfdruck können Pumpenträger zusätzlich benötigte Insulinmengen freigeben, zum Beispiel zu den Mahlzeiten oder beim Sport. Bei der herkömmlichen Therapie ist der Planungsaufwand unter anderem durch zusätzliches Spritzen zwischendurch deutlich höher.
Die Nadel und das Schlauchsystem müssen in der Regel jeden zweiten bis dritten Tag erneuert werden. Hierbei ist Hygiene das A und O. Daher gilt vor dem Wechsel: gründlich Händewaschen und Einstichstelle desinfizieren. In der Diabetesberatung erfahren Trägerinnen und Träger, worauf sie beim Wechsel achten sollten.
Vorteile einer Insulinpumpe

Die Insulinpumpe kann die Lebensqualität der Trägerinnen und Träger erhöhen und zu einer stabileren Einstellung des Blutzuckers beitragen. Zudem kommt es seltener zu Unterzuckerungen. "Auch im Alltag bleiben Pumpenträger flexibel und können entscheiden, was, wann und wie häufig sie essen möchten oder ob sie spontan Sport treiben möchten", sagt Dr. Zimny.
Die Vorteile im Überblick:
- Spritzen zwischendurch fällt weg
- Stabilere Einstellung des Blutzuckers
- Insulinpumpe ist unauffällig unter der Kleidung
- Mehr Spontanität und Flexibilität im Alltag
- Unregelmäßiger Tagesablauf und Mahlzeiteinnahme möglich
- Seltenere Unterzuckerung
- Spritzen mit Pen nicht nötig
Nachteile einer Insulinpumpe
Neben allen Vorteilen birgt die Insulinpumpentherapie auch einige Nachteile. So muss die Pumpe ständig am Körper getragen werden. Sie kann und sollte nur kurzzeitig, zum Beispiel zum Baden, abgenommen werden. Auch in der Anschaffung ist die Pumpe nicht günstig.
"Die Insulinpumpentherapie setzt voraus, dass sich die Trägerin oder der Träger dazu in der Lage fühlt, sich selbstständig mit der Therapie im Alltag zu befassen", erklärt Dr. Zimny. "Sollte die Pumpe über längere Zeit kein Insulin abgeben, weil sie nicht richtig funktioniert, die Kanüle rausgerutscht oder verstopft ist, besteht die Gefahr einer gefährlichen Übersäuerung des Blutes", so Dr. Zimny.
Die Nachteile im Überblick
- relativ hohe Kosten, meist Erstattung durch die Krankenkassen
- Pumpe ist immer am Körper
- Einstichstelle kann sich entzünden
- strenge Hygieneregeln nötig
- Kanüle kann verstopfen oder aus dem Unterhautfettgewebe rutschen
- Gefahr der Übersäuerung des Blutes (Ketoazidose)
- seltene technische Fehlfunktionen können lebensbedrohliche Folgen haben
Für wen eignet sich eine Insulinpumpe?
- Typ 1-Diabetes, vor allem Kinder und Jugendliche
- unregelmäßigem Tagesablauf, wie Schichtarbeit
- schweren Folgeerkrankungen, die eine besonders stabile Insulinversorgung benötigen
- häufigen Blutzuckerschwankungen und Unterzuckerungen
- ausgeprägtem Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden (Dawn-Phänomen)
- Kinderwunsch zur Stabilisierung des Blutzuckers vor und/oder während der Schwangerschaft
- Typ 2-Diabetes, bei denen die bisherige Therapie nicht ausreichend funktioniert hat

Kinder und Jugendliche machen rund ein Viertel aller Trägerinnen und Träger aus. Menschen mit Typ 2-Diabetes, die Insulin spritzen, können nur dann eine Pumpe erhalten, wenn andere Therapieversuche keinen Erfolg bringen.
Um eine Insulinpumpe zu nutzen, muss ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Dies erfolgt zusammen mit der Ärztin oder dem Arzt. Da die Behandlung mit einer Insulinpumpe teurer als die herkömmliche Therapie in Form von Spritzen oder Insulin-Pen ist, übernimmt die Krankenkasse die Kosten nur, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt.
Leben mit einer Insulinpumpe
Pumpenträgerinnen und -träger können mit einem guten Basalwert auch schwerere oder ausgefallene Mahlzeiten besser kompensieren. Auch das Ausschlafen am Wochenende ist für sie einfacher, da die Pumpe den Blutzuckerwert auch im Schlaf konstant hält. Zudem ist sie so klein, dass sie beim Schlafen nicht stört.
Zum Duschen oder Baden kann die Pumpe kurzzeitig abgenommen werden. Und auch beim Sport können Träger nun spontan sein. Mit der herkömmlichen Therapie muss Sport zeitlich genau geplant werden und sollte dann auch erfolgen. Gleiches gilt für Mahlzeiten, die ohne Pumpe genau durchdacht sein sollten. Ist eine Mahlzeit geplant, muss sie erfolgen, da der Blutzucker sonst durcheinandergerät. Die Insulinpumpe gibt den Trägerinnen und Trägern somit ein großes Stück mehr Flexibilität im Alltag.