Videosprechstunde – so klappt’s in der Praxis
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Digitaler Arztbesuch

Videosprechstunde – so klappt’s in der Praxis

Eine Endokrinologin, ein Neurochirurg und eine Onkologin haben auf den ersten Blick nicht allzu viel gemeinsam...

Was die ärztlichen Kollegen eint, ist das Engagement in Sachen digitaler Arztbesuch: Dr. Uta Berndt aus Berlin-Buch sowie Dr. Torsten Eichenauer aus Nienburg und Dr. Birgit Kreilkamp aus Wuppertal berichten über ihren Arbeitsalltag mit der Videosprechstunde und beantworten wichtige Fragen.

Wie viele Videosprechstunden bieten Sie im Quartal an?

Etwa 30 Videosprechstunden seien es aktuell pro Arzt und pro Quartal. Aber alle drei Ärzte sind sich einig: „Da ist noch Luft nach oben.“

Wie lange etwa dauert eine Videosprechstunde?

„In der Regel dauert eine Videosprechstunde nur wenige Minuten“, weiß Dr. Birgit Kreilkamp. Dem pflichten auch die beiden Kollegen bei – zwischen fünf und zehn Minuten benötige man in etwa.

Welche Patientengruppen nutzen bisher aktiv die Videosprechstunde?

Für jüngere Patienten und Patienten mittleren Alters stellt die Videosprechstunde zweifelsohne bereits ein attraktives Angebot dar, das gerne angenommen wird. Dort sind die entsprechenden Endgeräte ganz selbstverständlich vorhanden und werden ebenso selbstverständlich bedient. Bei älteren Patientengruppen ist die Skepsis gegenüber der Technik und damit die Hürde zur Anwendung schon deutlich höher, bekräftigen die Ärzte geschlossen.

Dr. Torsten Eichenauer berichtet: „Manchmal können da aber auch die Angehörigen, also Kinder und Enkelkinder, über die Hürde hinweghelfen, indem sie die Videosprechstunde einrichten. Sowas ist natürlich stark.“ Dabei erinnert er sich konkret an eine Patientin, die durch ihre Enkeltochter begleitet wurde, die sagte: „Pass auf Oma, ich regle das und wir kriegen das hin.“  Dr. Uta Berndt kann sogar bereits Stammpatienten in ihrer Videosprechstunde verzeichnen: Schwangerschaftsdiabetikerinnen.

Wie lange etwa dauert eine Videosprechstunde?

In der Regel dauert eine Videosprechstunde nur wenige Minuten.

Dr. Birgit Kreilkamp | Fachärztin für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie, Gastroenterologie, Palliativmedizin | Helios Universitätsklinikum Wuppertal

Was kann in einer Videosprechstunde besprochen werden?

Von Wiedervorstellungen und Rezeptausstellungen über Überweisungen und Rückfragen oder einfach, um ersten Gesprächsbedarf bei Unklarheiten abzudecken – hier ist vieles möglich, neuerdings auch das gemeinsame Besprechung von Bildgebungen.  „Ich locke skeptische Patienten gerne auch mit dem Angebot, dass wir die Laborbefunde gemeinsam besprechen“, verrät Dr. Kreilkamp.

Nur Neuvorstellungen wären nicht geeignet, hier bedürfe es in der Regel eines Präsenztermins um eine klinische Untersuchung für eine erste Einschätzung des Patienten vornehmen zu können. „Im Zweifel kann aber auch aus der Videosprechstunde heraus ein neuer Termin für einen tatsächlichen physischen Besuch im MVZ vereinbart werden“.

Was sind die Vorteile einer Videosprechstunde?

Hier gibt es eine Menge zu nennen: Zum einen sparen sich die Patienten den Weg in das MVZ und zum anderen nehmen sie nicht in teils sehr gefüllten Wartezimmern Platz. So kann das Infektionsrisiko gesenkt werden. „Das ist natürlich angenehmer für die Patienten, entspannt aber gleichzeitig bei uns im MVZ den Patientenstrom und die Wartezimmer-Situation“, berichtet Dr. Eichenauer überzeugt. Und es schütze die Risikopatienten, die tatsächlich für einen Präsenztermin in das MVZ kommen müssen.

Zudem schont diese Sprechstundenart auch den Geldbeutel der Patienten, da sie kein Nahverkehrsticket kaufen müssen oder die Tankfüllung ihres Autos verfahren. Bei letzterem kommt sogar noch der positive ökologische Nebeneffekt im Sinne des Umweltschutzes hinzu.

Dr. Uta Berndt, Fachärztin für Innere Medizin und Endokrinologie | Helios Klinikum Berlin-Buch

Dr. Eichenauer zeigt zudem auf, dass die Videosprechstunde gar nicht so unpersönlich wahrgenommen wird, wie vielleicht zunächst angenommen: „Wenn wir uns digital begegnen, müssen wir keinen Mund-Nasen-Schutz tragen. Viele Patienten reagieren darauf sehr positiv und freuen sich endlich mal wieder das ganze Gesicht des Gegenübers zu sehen zu bekommen.“

Wenn wir uns digital begegnen, müssen wir keinen Mund-Nasen-Schutz tragen. Viele Patienten reagieren darauf sehr positiv und freuen sich endlich mal wieder das ganze Gesicht des Gegenübers zu sehen zu bekommen.

Dr. Torsten Eichenauer, Oberarzt und ärztlicher Leiter | Helios Kliniken Mittelweser/MVZ Nienburg

„Außerdem dürfen bei der Videosprechstunde auch Angehörige dabei sein. In unsere Einrichtungen dürfen wir ja aufgrund der Pandemie-Situation aktuell keine Begleitpersonen reinlassen“, ergänzt Dr. Kreilkamp. Eine Videosprechstunde könne am Tag des Termins auch flexibler gestartet werden, wenn es in der Praxis einmal zu Verzögerungen kommen sollte. Für den Patienten entstehen dadurch weniger große Umstände, da er nicht bereits im Wartezimmer sitzt und die Wartezeit zuhause oder unterwegs sinnvoll nutzen kann. „Das entzerrt gerne auch mal meinen Termindruck“, erklärt Dr. Berndt.

Wie bieten Sie die Videosprechstunde an?

Das Einstiegsgespräch zur Videosprechstunde läuft bei den Ärzten vergleichbar ab. Dr. Birgit Kreilkamp verrät ihre Strategie: „Die Patienten tragen ihre Emailadresse schon in den Anamnesebogen ein. Das nehme ich als Gesprächsaufhänger und biete die Videosprechstunde im Gespräch an. Dann vermerke ich die Bereitschaft, also ob der Patient in eine Videosprechstunde einwilligt oder nicht, gleich ganz oben in der Patientenakte.

So weiß mein Team am Empfang auch bei Wiedervorstellungen, ob sie direkt eine Videosprechstunde anbieten können.“ Das Gespräch läuft dann wie ein ganz normales Arztgespräch ab – hier lohne es sich aber umso mehr das Gespräch mit einer offenen Frage nach dem Befinden des Patienten zu starten, um über die ersten Minuten auf ungewohntem Terrain hinwegzuhelfen, raten die Ärzte.

Wer einmal eine Videosprechstunde gemacht hat, macht auch wieder eine.

Dr. Torsten Eichenauer, Oberarzt und ärztlicher Leiter | Helios Kliniken Mittelweser/MVZ Nienburg

Welche Herausforderungen gibt es?

Schwierigkeiten biete vor allem die schlechte Netzqualität im ländlichen Bereich sowie die ungeübte Handhabung der Technik bei älteren Patienten. „Hier leite ich Patienten oft zuerst telefonisch an und erkläre, wie sie Mikrofon und Kamera freigeben“, berichtet Dr. Kreilkamp weiter. Auch Dr. Torsten Eichenauer berichtet von ähnlichen Erfahrungen, beurteilt aber perspektivisch: „Das ist zwar erst einmal etwas umständlich, aber wenn es dann klappt, ist die Hemmschwelle genommen und die Patienten reagieren total positiv überrascht. Wer einmal eine Videosprechstunde gemacht hat, macht auch wieder eine.“ Manchmal kommt es auch zu Situationen, in denen es einfach nicht klappen will – in solchen Fällen verlagern die Ärzte die Sprechstunde dann einfach auf das Telefon.