Der Rentner leidet an Knochenmarkskrebs und wird im Helios Park-Klinikum Leipzig behandelt. Horst Wetzig weiß: So lange er lebt, wird sich die Anzahl dieser Helfer permanent summieren.

Knochenmarkskrebs: Wenn Blutspender Leben retten
Die Zahl derer, die Horst Wetzig bislang das Leben retteten, ist lang. Es ist eine Schattenarmee, von denen der 83-Jährige weder Namen noch Gesichter kennt. Sie alle bleiben für ihn unsichtbar.
Vieles, was der Mensch zum Leben braucht, lässt sich bereits künstlich herstellen. Beim Blut jedoch geht das nicht. Umso mehr ist die Medizin auf Menschen angewiesen, die ihr Blut bereitwillig spenden. Derzeit benötigen Deutschlands Krankenhäuser jeden Tag 14.000 Blutkonserven, unter anderem zur Krebsbehandlung, zum Ausgleich hohen Blutverlustes bei Operationen oder zur Versorgung von Unfallopfern. Statistiken besagen, dass 47 Prozent der erwachsenen Deutschen in ihrem Leben schon einmal Blut gespendet haben. Viel entscheidender ist jedoch, dass nur drei Prozent der Bevölkerung an dieser Maßgabe festhalten und weiterhin regelmäßig Blut spenden.
Begrenzte Heilungschancen

Genau auf diese stillen Helden ist Horst Wetzig angewiesen. Vor einigen Monaten diagnostizierten Ärzte bei ihm ein Myelodysplastisches Syndrom, eine Form des Knochenmarkskrebses. In Folge dessen bildet sein Körper zu wenig rote Blutkörperchen, deren Vorhandensein für die Sauerstoffversorgung der Organe jedoch existenziell ist. Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Luftnot und Gewichtsverlust sind erste Symptome der Krankheit, einhergehend mit einem deutlichen Leistungsverlust.
Bei einem jungen Patienten, erläutert Dr. Christian Prause, Oberarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Helios Park-Klinikum Leipzig, bestünde durch eine Knochenmarkstransplantation eine Heilungschance. Doch nicht zuletzt wegen der hochtoxischen Chemotherapie, die mit der Behandlung einhergeht, sei das Risiko der Umsetzung bei älteren Menschen wie Horst Wetzig unkalkulierbar. Zur Lebensverlängerung helfen in diesen Fällen nur regelmäßige Bluttransfusionen. In der Regel aller zwei Wochen bekommt Horst Wetzig, ein gelernter Orthopädieschuhmacher aus Mügeln bei Oschatz, ambulant frisches Blut übertragen. Einplanen muss er für dieses Prozedere etwa zwei Stunden. Da er auch an einer Herzinsuffizienz leidet, wird die Blutübertragung bei ihm bewusst langsam ausgeführt.
Die Spender, deren Blut ich bekomme, sind heute meine einzige Garantie fürs Leben. Auch wenn ich sie nicht persönlich kenne, so bin ich jedem Einzelnen doch überaus dankbar.
Der Körper reagiert auf Bluttransfusionen unterschiedlich
Was jetzt vielleicht einfach und simpel klingt, bringt langfristig aber ein Problem mit sich. „Wie bei der Transplantation eines fremden Organs registriert der Körper auch bei regelmäßiger Blutzufuhr das Fremde. Das Immunsystem beginnt bei manchen Empfängern Antikörper zu bilden, die das fremde Blut erkennen und für das Immunsystem erkennbar machen, sodass es sofort wieder abgebaut wird“, verdeutlicht der Onkologe. Daher reichte es bei Horst Wetzig irgendwann nicht mehr, einzig Blutkonserven derselben Blutgruppe zu verabreichen, in seinem Fall A Rhesus positiv. Vielmehr gilt es nun, fremdes Blut zu finden, dass von seinem Immunsystem nicht als fremd erkannt wird. Bevor Horst Wetzig also frisches Blut erhält, muss ihm tags zuvor eine Blutprobe zur Analyse entnommen werden. Anhand dieser wird dann eine geeignete Spenderkonserve gesucht.
Je seltener eine Blutgruppe unter den Spendern ist, desto schwieriger gestaltet sich die Suche. In Deutschland weisen aktuell 43 Prozent die Blutgruppe A auf, 41 Prozent die Blutgruppe 0, bei der Blutgruppe B sind es elf Prozent, bei AB lediglich fünf Prozent. Beim Rhesus System haben in Deutschland 85 Prozent einen Anteil mit Rhesus positivem Merkmal, beim Rhesus negativen Merkmal sind es 15 Prozent.
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Wie bei der Transplantation eines fremden Organs registriert der Körper auch bei regelmäßiger Blutzufuhr das Fremde. Das Immunsystem beginnt bei manchen Empfängern Antikörper zu bilden, die das fremde Blut erkennen und für das Immunsystem erkennbar machen, sodass es sofort wieder abgebaut wird.
Krebspatienten haben hohen Bedarf an Fremdblut
Derzeit, sagt Dr. Prause, behandele er auf der Station allein fünf Patienten mit Myelodysplastischen Syndrom. Auch andere Patienten, die im Helios Park-Klinikum behandelt werden sind auf eine regelmäßige Bluttransfusion angewiesen. Diese haben beispielsweise Blutkrebs, Lymphdrüsenkrebs oder andere Knochenmarkskrebserkrankungen.
Allein der Bedarf an frischem Blut, den diese eine Krankenhausstation tagtäglich benötigt, macht deutlich, wie wichtig die Blutspende ist. Er selbst, berichtet Horst Wetzig, habe in jungen Jahren auch gespendet, die Entnahme aber nur schlecht vertragen. Umso mehr wünscht er sich nun, auch aus der eigenen Erfahrung heraus, dass seine Kinder und Enkel dazu bereit sind, sich regelmäßig 400 bis 500 Milliliter Blut entnehmen zu lassen. „Die Spender, deren Blut ich bekomme, sind heute meine einzige Garantie fürs Leben. Auch wenn ich sie nicht persönlich kenne, so bin ich jedem Einzelnen doch überaus dankbar“, fügt er an.
Positive Nebeneffekte
Regelmäßiges Blutspenden ist nicht nur ein löblicher und hilfreicher Dienst an der Gesellschaft, es hat, medizinisch betrachtet auch positive Nebeneffekte. Aktuelle Studien konnten belegen, dass regelmäßiges Blutspenden den Blutdruck und damit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt. Nachweislich wird auch Cholesterin ausgeschwemmt. Ein niedriger Cholesterinspiegel ist bekanntlich gut für die Gefäße.