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Wie geht eigentlich authentischer Unterricht?

Wie geht eigentlich authentischer Unterricht?

Melissa Guhr ist seit Anfang des Jahres Teil des Park-Klinikums - als Lehrkraft an der Medizinischen Berufsfachschule. Sie nennt sich selbst eine „knallharte Anfängerin“, die dieses Jahr an Herausforderungen und dem Schulalltag gereift ist. Dabei wurde sie von einem Team aufgefangen, das sich fachlich unterstützt und Wertschätzung lebt.

Die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin Melissa Guhr arbeitete acht Jahre auf einer chirurgischen Station in Berlin, bevor sie sich entschied, Gesundheits- und Pflegewissenschaften zu studieren.

Es hat mir damals unwahrscheinlichen Spaß gemacht, zu erklären und die Schüler*innen anzuleiten. Und das Feedback war immer positiv. Ich habe ja auch alles in nur drei Jahren gelernt. Diese Inhalte selbst nochmal aufzuarbeiten, fand ich sehr spannend. Es ist ein unglaublich breites Spektrum und echt schön, immer wieder neue Zusammenhänge zu erkennen.“

Melissa Guhr beim Unterricht

Besonders der Austausch und die Reflexion mit den Auszubildenden bereitet Guhr große Freude. Die Praxis in den Unterricht zu übertragen und Fallbeispiele zu besprechen, sei für sie ein wichtiger Bestandteil ihrer Herangehensweise. Ihre eigene Berufserfahrung hilft ihr, die fachlichen Inhalte authentisch zu vermitteln. „Spätdienst, extrem viel zu tun, von einem Patienten zum nächsten rennen, immerzu klingelt es. Und als ich mich dann kurz vor Feierabend endlich hinsetze, um Kurven zu schreiben, fällt mir ein, dass der Mann in Zimmer 1 einen Tee haben wollte – vor zwei Stunden.“ Beispiele wie dieses machen ihren Unterricht lebendig. Denn die Lehrerin kann sich an die Belastung des Pflegeberufs gut zurückerinnern. Die Perspektive auch mal zu wechseln und empathisch zu handeln sind für die Lehrerin die Basis der Arbeit im Gesundheitswesen. „Wir wollen uns auf die Fahne schreiben, dass die Patient*innen das Wichtigste sind.“ Diese Einstellung zu vermitteln, ist für Guhr ein Grundsatz, der in jedes Lehrmodul gehört. „Ich weiß, ihr seid müde. Ich weiß, manchmal könnt ihr nicht mehr. Aber wenn ihr nochmal reingeht – und wenn es nur für den Tee ist – dann ist es das Schönste für den Patienten. Er fühlt sich wertgeschätzt, selbst wenn es 2 Stunden später ist. Du hattest sein Wohlergehen im Kopf und daran wird er sich erinnern.“

Melissa Guhr arbeitet neben ihrer Tätigkeit als Lehrkraft als Palliativpflegekraft, weil sie den Bezug zu ihrem Beruf nicht verlieren möchte. Ihr bester Unterricht findet ihrer Meinung nach im Modul zur Palliativpflege statt. Während ihres Bachelors machte sie weiterhin eine Palliative-Care-Ausbildung. Noch mit 20 Jahren war es zu herausfordernd, doch nun hat sie ihre Leidenschaft in diesem Feld entdeckt. Im ambulanten palliativen Bereich sind es oft auch die Angehörigen, die im Vordergrund stehen. Aus dieser Erfahrung heraus kann sie speziell in diesem Bereich ihren Schülerinnen und Schülern sensibilisieren.

Guhr erzählt, dass es für sie die größte Anerkennung sei, wenn Schüler*innen sie als Vertrauensperson annähmen. „Ich liebe die Diskussion mit der Klasse. Sie haben einen starken Redebedarf und suchen oft Rat bei uns Lehrkräften. Wenn man dann den Unterricht abschließt und weiß, dass man was mitgeben konnte – wenn der Tag interaktiv war, viele Fragen gestellt wurden – dann gehe ich einfach mit einem guten Gefühl nach Hause.“

Melissa Guhr am Laptop

Der Beginn der Pandemie hat das Unterrichtsgeschehen stark verändert. Im März wurden alle Klassen zunächst auf die Stationen geholt. Als der Unterricht wieder begann, wurden die Klassen vorerst halbiert: Ein Teil vor Ort im Klassenraum, der andere Teil online zugeschaltet. Inzwischen läuft alles virtuell ab. „Ich passe mich immer wieder neu an, weil ich möchte, dass meine Klasse wirklich was vom Unterricht mitnimmt – egal in welcher Unterrichtsform. Unsere Skype-Anlage ist auch echt super. Auch als alle nach Hause in den Onlineunterricht geschickt wurden, habe ich mich in den Klassenraum gestellt und von dort übertragen. Wir haben eine richtige Kamera im Raum und es funktioniert wirklich gut. Technisch sind wird extrem gut aufgestellt.“

Um dem hohen Anspruch an die eigene Arbeit gerecht zu werden, tauscht sich Melissa Guhr regelmäßig im Kollegium aus. „Wir haben ein ganz tolles Team! Man wird immer aufgefangen. Manchmal steckt man voll im Thema und weiß einfach nicht, wie man es aufbereiten soll. Im Austausch mit den Kolleg*innen kommen super Ideen. Oft fehlt einem selbst einfach ein anderer Blickwinkel. Auch wenn einige schon zehn Jahre länger unterrichten: Ich werde als vollwertige Lehrkraft wahrgenommen.“

Besonders in einem Jahr wie diesem, das für alle voll Neuem und Unerwartetem war, ist dieser Zusammenhalt entscheidend. „Wir sind alle richtige Macher. Es läuft eigentlich immer so, dass jemand was entdeckt, es den Kolleg*Innen zeigt und wir uns rauspicken können, was wir brauchen. Vor allem unsere stellvertretende Schulleitung Katja Pippel ist eine große Hilfe. Ich bin viel entspannter, wenn sie da ist. Wenn es ein Problem gibt, kann Katja es eigentlich immer beheben.“