Unser Leben unterliegt einem permanenten Lernprozess. Erfahrungen und Erkenntnisse, ganz gleich ob bewusst oder unbewusst erlangt, prägen und bestimmen bis zuletzt das menschliche Verhalten. Den Auftakt bildet hierbei die Musik. Musikalische Impulse können bereits in der 16. Schwangerschaftswoche vom Ungeborenen wahrgenommen werden. Es hört die Stimme der Mutter, die Geräusche ihrer Organe oder Klänge, die dem Kind bewusst vorgespielt werden. Für das Ungeborene ist jedes Auf und Ab dieser Töne eine Komposition.
Ein Fakt, dessen sich auch die Psychiatrie, im Speziellen die Musiktherapie, bedient. „Jeder Klang geht in Resonanz mit den Erfahrungen die ein Mensch gemacht hat. Er begleitet ihn Zeit seines Lebens und bestimmt unter anderem die Art, wie er mit anderen in Kontakt tritt”, verdeutlicht die Musiktherapeutin Claudia Steidte. Sie agiert vornehmlich auf der gerontopsychiatrischen Station, trifft im Verlaufe ihrer Therapiearbeit also vorwiegend auf ältere Menschen. „Musik weckt Erinnerungen, die Gefühle auslösen. Diese können positiver Art, aber natürlich auch negativ belastet sein”, berichtet sie. Wertvoll sei diese Erkenntnis etwa bei der Arbeit mit an Demenz Erkrankten. Die angespielten Klänge, Töne oder Lieder weckten tief in ihrem Inneren etwas, das ein Teil ihrer nun verborgenen Geschichte ist: Schöne Momente oder Traumata – Gefühle des Verbundenseins und der Geborgenheit, aber auch Ängste und Verlusterfahrungen. „Mit der musikalischen Interaktion möchte ich mit den Patienten einen Raum schaffen, in dem an positive Erinnerungen in deren Lebensgeschichte angeknüpft werden kann“, sagt Steidte.