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Erfahrungsbericht – Reanimation ist mehr als ein Wort

Dass Daniel Lapat heute noch lebt, ist nicht selbstverständlich. Diesen Umstand verdankt der damals 38-Jährige vor allem einem Notarzt, der unermüdlich darum kämpfte, dass sein Herz wieder schlägt. Hier berichtet Lapat von seinen Erfahrungen mit der Reanimation.

Daniel Lepat mit Frau und Töchterchen

Keine Erinnerung an den Notfall

An den Moment seines Unglücks kann Daniel Lapat sich nicht mehr erinnern. Nur bruchstückhaft ist ihm der 12. Juni 2018 noch im Gedächtnis. Der junge Familienvater sieht sich auf einer beruflichen Fortbildung in Dresden, an der er als IT-Fachmann teilnahm, aß zum Mittag ein belegtes Brötchen und weiß, dass er im Anschluss daran starkes Sodbrennen verspürte. Alles andere, was er heute über den Fortlauf dieses Dienstags berichten kann, haben ihm seine Frau Nadine und die Mediziner:innen erzählt.

Sofort mit der Reanimation beginnen

Geschlagene 50 Minuten habe der Notarzt gekämpft, um Lapats Herz wieder zum Schlagen zu bringen. „Er sagte mir später, dass er nicht akzeptieren konnte, dass ein junger Mensch wie ich sterben soll“, betont Daniel Lapat mit bewegter Stimme. 50 Minuten Wiederbelebung, das ist körperliche Schwerstarbeit. Lange Zeit waren Mediziner:innen davon überzeugt, dass ein Mensch nach zehn Minuten Herzstillstand nicht mehr zu retten sei. Von dieser Lehrmeinung ist man mittlerweile abgekommen. Entscheidend sei allerdings, dass sofort gehandelt und vor allem der Brustkorb gedrückt werde. Denn Sauerstoff, so die einhellige Ansicht, sei oftmals noch genug im Körper.

Als Daniel Lapat einen akuten Vorwandinfarkt (die linke Herzarterie ist verengt) und damit verbunden einen Herzstillstand erlitt, war bei aller Tragik auch Glück im Spiel. „Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits in der Praxis meines Hausarztes, um mir ein Mittel gegen das Sodbrennen verschreiben zu lassen. Demzufolge konnten die anwesenden Mitarbeitenden der Praxis sofort mit der Wiederbelebung beginnen. Auch der Notarzt war nach wenigen Minuten vor Ort“, gibt er die Berichte der Beteiligten wieder.

Nach schwerem Verlauf zurück ins Leben

Nachdem sich die Lage etwas stabilisiert hatte, brachte man Lapat umgehend ins Herzzentrum Leipzig, wo er für mehrere Wochen in ein künstliches Koma gelegt wurde. „Als Ursache für diesen kardiogenen Schock, bei dem es das Herz nicht mehr schafft, den Körper mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen, konnten wir ein verschlossenes Herzkranzgefäß ausmachen“, erinnert sich Priv.-Doz. Dr. Marcus Sandri. Er ist Leitender Oberarzt für Herzinsuffizienz der Universitätsklinik für Kardiologie und kümmerte sich im Herzzentrum Leipzig als einer der Ersten um Daniel Lapat.

Um die Herz-Lungenfunktion sicherzustellen, wurde Lapat an eine ECMO (Extrakorporale Membranoxygenierung) angeschlossen. Mit Hilfe dieser Maschine wird das venöse Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert und anschließend wieder zugegeben. Mehrere starke Rückfälle, unter anderem eine schwere Lungenentzündung, prägten den folgenden Heilungsverlauf.

„Es war einer der schwersten Verläufe, den ich in meiner bisherigen beruflichen Praxis erlebt habe. Dass Daniel Lapat heute wieder ein fast normales Leben führen kann, ist außergewöhnlich und zugleich ein positives Beispiel für die hohe Bedeutung des Themas Wiederbelebung“, sagt Priv.-Doz. Dr. Marcus Sandri. 

Daniel Lapat bei seiner jährlichen Untersuchung

Herzzentrum Leipzig

Leitender Oberarzt Herzinsuffizienz der Universitätsklinik für Kardiologie

Es war einer der schwersten Verläufe, den ich in meiner bisherigen beruflichen Praxis erlebt habe. Dass Daniel Lapat heute wieder ein fast normales Leben führen kann, ist außergewöhnlich und zugleich ein positives Beispiel für die hohe Bedeutung des Themas Wiederbelebung.

Nach Reanimation und Koma wieder zu Kräften kommen

Wenn auch die Umstände des Unglücks aus dem Gedächtnis von Daniel Lapat verschwunden sind, die jüngeren Ereignisse spiegeln sich klar und deutlich wider. „Körperlich hatte ich massiv abgebaut. Ich wog etwa 25 Kilogramm weniger, musste das Laufen neu lernen und verbrauchte viel Kraft für vermeintlich einfache Dinge wie das Treppensteigen“, blickt er zurück. Eine wahre Stütze war ihm während dieser Zeit seine Frau, die trotz laufendem Hausbau, beruflicher Belastung und der Versorgung des gemeinsamen Sohnes Jan täglich die 120 Kilometer vom Wohnort Mittweida nach Leipzig und zurück absolvierte, um ihrem Mann nah zu sein.

Anfang August 2018 schließlich wurde Daniel Lapat aus dem Klinikum entlassen. Danach folgte eine Reha, mit deren Hilfe er schrittweise wieder an die gewohnte körperliche Belastbarkeit herangeführt wurde.

Das alte Leben, aber mit Einschränkungen

Komplett gesund ist Daniel Lapat jedoch nicht. Bedingt durch den langen Herzstillstand haben seine Leber und die Nieren Schaden genommen. Die Leberwerte, sagt er, verbessern sich inzwischen wieder. Die Schädigung der Nieren jedoch sei irreparabel. Schwindelanfälle und Kopfschmerzen trüben darüber hinaus ab und an seinen Alltag. „Ganz rund läuft es noch nicht. Aber dass ich überhaupt hier bin, grenzt an ein Wunder“, dankt er allen beteiligten Mediziner:innen und Pflegekräften. Mittlerweile kann er auch seiner Arbeit wieder in Vollzeit nachgehen.

Alle sechs Monate, berichtet er, gelte es die Daten des in seiner Brust integrierten Defibrillators auszulesen, einmal im Jahr unterzieht er sich im Herzzentrum einem Grundscheck. Die Ursache des Infarktes bleibt weiter unklar. Erbliche Gründe sind möglich, aber auch eine vermutete Fettunverträglichkeit. Doch das zu wissen, erachtet Daniel Lapat im Augenblick als zweitrangig. Viel wichtiger ist, sagt er, dass seine Familie um ihn sei, zu der inzwischen auch Tochter Pia gehört.

Jedes Jahr erleiden in Deutschland mehr als 70.000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand, den jedoch nur zehn Prozent der Betroffenen überleben. Anlass genug für jede und jeden Einzelne/n, sich mit dem Thema Reanimation auseinanderzusetzen. Denn wenn Hilfe dieser Art gebraucht wird, zählt buchstäblich jede Sekunde.

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