Hildesheim, 28. November 2018 – Demenz ist eine heimtückische Krankheit. Sie beginnt schleichend mit Erinnerungslücken und Orientierungsschwierigkeiten. Im späteren Stadium setzt das Kurzzeitgedächtnis weitestgehend aus, irgendwann erkennen Erkrankte ihre eigenen Kinder nicht mehr. Für Angehörige ist eine solche Situation genauso schlimm wie für die Patienten, manchmal sogar eine noch größere Belastung. Deshalb stellen sich viele Menschen die Frage: Wie kann ich die Zeit mit meinem erkrankten Angehörigen sinnvoll verbringen? Eine mögliche Antwort liefert nun Dr. Konstantin Lekkos, Chefarzt der Klinik für Altersmedizin am Helios Klinikum Hildesheim. Gemeinsam mit seinem Stationsteam hat er eine App mit Spielen entwickelt, die auf Demenzerkrankte zugeschnitten sind. Mit „Auguste“ kann man Karten aufdecken wie beim klassischen Memory-Spiel, Wörter den entsprechenden Bildern zuordnen oder Bilderrätsel wie bei „Dalli-Klick“ auflösen. Das Besondere: Es können Fotos aus der eigenen Vergangenheit hochgeladen werden, um die Erinnerungen des Erkrankten anzuregen. Damit soll einerseits das Gehirn trainiert werden, viel wichtiger ist Dr. Lekkos aber: „Es geht um das Zwischenmenschliche.“

Demenz: Eine App zum Erinnern
Chefarzt des Helios Klinikum Hildesheim entwickelt Spiele-App für Demenzkranke. Reise in die Vergangenheit soll Patienten und Angehörige einander näher zusammenbringen.

Beim Starten der Demenz-App „Auguste“ erscheint als erstes das Logo der App sowie die Spieleauswahl und das auf der Optik eines Holztisches. „So einen Tisch haben viele der Patienten Zuhause. So verschmilzt das Gerät für sie quasi mit dem Tisch und sie haben keine Berührungsängste. Einfache Strukturen sind wichtig für demente Menschen“, erklärt der Chef-Geriater des Hildesheimer Klinikums. Vor etwa vier Jahren kam ihm die Idee zu einer App für Demenzkranke. „Angehörige fragen mich immer wieder, wie sie die Zeit mit dem Erkrankten sinnvoll verbringen können, anstatt einfach nur daneben zu sitzen. Als Technik-Interessierter kam mir dann eine Spiele-App in den Sinn“, erklärt Lekkos den Ansatz. Seitdem hat sich die App immer weiter entwickelt, wurde mit Ideen aus dem Stationsteam der Altersmedizin und von Angehörigen ausgebaut. Es entstanden verschiedene Spiele in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, zugeschnitten auf den jeweiligen Schweregrad der Erkrankung. Besonders wichtig war es den Entwicklern, dass die Nutzer die Spiele individuell gestalten können. So kann man Bilder der eigenen Kinder, des Zuhauses oder anderen wichtigen Ereignisse aus dem Leben des Erkrankten in die App hochladen. Damit soll die Erinnerung der Patienten angeregt werden.
Erinnerst du dich?
Wichtigster Effekt dabei ist nicht primär das Gehirntraining, sondern dass die Menschen anfangen zu erzählen. Von früher, von den Situationen auf den Bilder. Sie kommen mit ihren Angehörigen ins Gespräch, können zusammen lachen und weinen. „Unser primäres Ziel ist es, Erkrankte und ihre Angehörigen wieder näher zueinander zu bringen“, so Dr. Lekkos. „Ich war selbst überrascht, wie gut selbst schwerst-demente Patienten mit der App und dem Tablet klarkommen. Viele wollten gar nicht mehr aufhören zu spielen.“
Die technische Umsetzung der App übernahm der Schwager des Chefarztes als Thema für die Bachelorarbeit während seines Informatikstudiums. Jetzt steht die Software zum kostenlosen Download für Apple- und Android-Geräte zur Verfügung. Der Weg dorthin war keineswegs einfach. Erst die Alzheimergesellschaft Niedersachsen konnte die App mit Förderung der Techniker Krankenkasse in die App-Stores bringen. Benannt ist das Programm nach Auguste Deter (1850-1906), bei der Alois Alzheimer 1901 erstmalig die Demenzerkrankung beschrieb. Wer Ideen für weitere Spiele oder Spezifizierungen der App hat, kann sich gerne an Dr. Lekkos persönlich wenden unter konstantin.lekkos@helios-gesundheit.de.
Hintergrundinformationen
In Deutschland leben zurzeit etwa 1,8 bis 2,4 Millionen demenzerkrankte Menschen. Tendenz steigend. Die Ursachen für die Krankheit sind vielfältig. Ihren Ursprung hat sie jedoch im Gehirn: Nervenzellen sterben ab, Verbindungen zwischen Zellen gehen verloren. Demenz führt bei den Betroffenen langfristig dazu, dass die geistige und oftmals auch die körperliche Leistungsfähigkeit stark abnehmen. Typische Merkmale sind Konzentrations-, Aufnahme- und Gedächtnisstörungen, die meist verbunden sind mit Orientierungsproblemen, Wortfindungsstörungen und eingeschränktem Denkvermögen. Die Betroffenen können alltägliche Dinge wie Besteck oder Uhren nicht mehr erkennen und richtig verwenden. Selbst Angehörige erkennen sie irgendwann nicht mehr. Schwer Betroffene verlernen sogar das Sprechen und Schlucken.
Die geriatrische Station im Helios Klinikum Hildesheim ist besonders demenzfreundlich und komplett im Olympischen Design eingerichtet. Alle Zimmer haben zur besseren Orientierung unterschiedliche Namen und Farben, sie heißen Mexiko, Sapporo oder Los Angelos. Die Wände und Türen aller Zimmer sind mit Silhouetten von Sportlern geschmückt. Darüber hinaus geben Bilder der ehemaligen Olympia-Länder, Original-Autogramme bekannter Sportler oder auch originale Sportgeräte wie ein Diskus der Spiele in Helsinki viele Möglichkeiten für positive Erinnerungen und fördern das Gedächtnistraining sowie die Kommunikation.
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Helios ist Europas führender privater Krankenhausbetreiber mit rund 100.000 Mitarbeitern. Zum Unternehmen gehören unter dem Dach der Holding Helios Health die Helios Kliniken in Deutschland und Quirónsalud in Spanien. Rund 17 Millionen Patienten entscheiden sich jährlich für eine medizinische Behandlung bei Helios. 2017 erzielte das Unternehmen in beiden Ländern einen Gesamtumsatz von 8,7 Milliarden Euro.
In Deutschland verfügt Helios über 86 Kliniken, 120 Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und zehn Präventionszentren. Jährlich werden in Deutschland rund 5,2 Millionen Patienten behandelt, davon 4 Millionen ambulant. Helios beschäftigt in Deutschland mehr als 66.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2017 einen Umsatz von rund 6,1 Milliarden Euro. Helios ist Partner des Kliniknetzwerks „Wir für Gesundheit“. Sitz der Unternehmenszentrale ist Berlin.
Quirónsalud betreibt in Spanien 45 Kliniken, 55 ambulante Gesundheitszentren sowie rund 300 Einrichtungen für Betriebliches Gesundheitsmanagement. Jährlich werden hier rund 11,6 Millionen Patienten behandelt, davon 11,2 Millionen ambulant. Quirónsalud beschäftigt mehr als 32.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2017 einen Umsatz von rund 2,6 Milliarden Euro. Helios Deutschland und Quirónsalud gehören zum Gesundheitskonzern Fresenius.