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Hypertonie: Wenn das Herz unter Druck steht

Mediziner:innen nennen ihn oft den „stillen Killer“: Bluthochdruck, auch Hypertonie genannt. Denn ohne Schmerzen zu verursachen, kann zu hoher Blutdruck Herz und Gefäße lebensgefährlich schädigen. Wir informieren Sie hier über alles Wissenswerte zum Thema Hypertonie und Bluthochdruck. 

Hand von Arzt hält Blutdruckmessgerät beim Blutdruck messen

Was ist Hypertonie?

Wir sprechen von Hypertonie oder auch Bluthochdruck, wenn der Blutdruck in den Pulsadern erhöht ist. Rund 70 Mal pro Minute zieht sich unser Herzmuskel zusammen, um alle Organe und Gefäße mit Blut zu versorgen. Aus dem Widerstand der Venen und der Pumpleistung des Herzens ergibt sich der messbare Blutdruck. Dieser wird in der Einheit „Millimeter Quecksilbersäule“ gemessen, abgekürzt mmHg.

Bei der Messung des Blutdrucks sind zwei Werte relevant:

  • Der systolische Blutdruck misst den Druck, wenn das Herz maximal zusammengezogen ist (=oberer Wert).
  • Der diastolische Blutdruck misst den Druck, wenn der Herzmuskel erschlafft (=unterer Wert).

Bei Hypertonie, also Bluthochdruck, liegt der obere Blutdruck bei 140 mmHg oder mehr und der untere Blutdruck bei 90 mmHg oder mehr.

Für die Blutdruckwerte gilt in Deutschland folgende Einteilung:

  • optimal:<120 mmHg / <80 mmHg
  • normal 120-129 / 80-84 mmHg
  • hochnormal: 130-139 / 85-89 mmHg
  • leichter Bluthochdruck (Grad 1): 140-159 / 90-99 mmHg
  • mäßiger Bluthochdruck (Grad 2): 160-179 / 100-109 mmHg
  • schwerer Bluthochdruck (Grad 3): >180 / >110 mmHg

Bluthochdruck: besorgniserregende Dunkelziffer

Nach Angaben des Robert Koch Instituts leiden etwa 20 bis 30 Millionen Menschen deutschlandweit an Bluthochdruck. Allerdings wissen vier Millionen davon gar nichts.
„Eine besorgniserregende Dunkelziffer“, mahnt Dr. Kezhong Wu, Chefarzt der Inneren Medizin in der Helios Rosmann Klinik Breisach. Der Experte erklärt: „Bluthochdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder den Verschluss der Beingefäße.“

Den Weg zur ärztlichen Praxis suchen Betroffene dennoch häufig erst dann, wenn diese schwerwiegenden Folgen von Bluthochdruck zum Vorschein kommen. Dabei könnten laut deutscher Herzstiftung 90.000 der vorzeitigen Todesfälle bei einer optimalen Behandlung vermieden werden. „Jeder sollte deshalb seinen Bluthochdruck kennen und diesen spätestens ab dem 40. Lebensjahr regelmäßig messen“, empfiehlt Dr. Kezhong Wu.

Helios Klinikum Erfurt

Chefarzt 3. Medizinische Klinik - Kardiologie

Der Blutdruck ist extrem variabel. Der Messwert kann schon allein dadurch beeinflusst werden, wer die Messung durchführt – beispielsweise jemand im weißen Kittel oder der Patient selbst. 

Was macht Hypertonie so gefährlich?

Bluthochdruck ist der größte Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein anhaltender hoher Druck in den Blutgefäßen kann langfristig Schäden an wichtigen Organen und auch an den Augen zur Folge haben. Bluthochdruck entsteht oft unbemerkt und verursacht zunächst keine Schmerzen.
Bei Stress oder körperlicher Belastung schlägt das Herz schneller, der Blutdruck steigt. In Ruhephasen oder im Schlaf entspannen wir uns und der Blutdruck sinkt. Schlafstörungen, Nervosität, Herzklopfen, Schwindel, Kopfschmerzen und eine verminderte Leistungsfähigkeit können erste Symptome sein. Diese werden aber häufig bagatellisiert und von Betroffenen nicht als Anzeichen von dauerhaftem Bluthochdruck wahrgenommen.

Was sind die Ursachen für Bluthochdruck?

Drei wesentliche Faktoren steuern in einem komplexen Zusammenspiel den Bluthochdruck: Hormone, verengte oder erweiterte Blutgefäße und unser vegetatives (unbewusstes) Nervensystem.
So können beispielsweise erbliche Veranlagung, Nierenerkrankungen, Durchblutungsstörungen oder Anomalien (Fehlbildungen) von Gefäßen Bluthochdruck begünstigen. Auch die Lebensweise kann zu erhöhtem Druck in den Blutgefäßen beitragen: Übergewicht und ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen, Alkohol- und Medikamentenkonsum sowie anhaltender Stress lassen den Blutdruck auf Dauer steigen.

Fragen und Antworten rund um das Thema Hypertonie

Gesunde Blutdruckwerte tragen dazu bei, bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit zu bleiben. Prof. Dr. Alexander Lauten ist Chefarzt für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie im Helios Klinikum Erfurt und beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Bluthochdruck.

Was bedeuten eigentlich die beiden Werte einer Blutdruckmessung. Was sagen sie aus?

Prof. Dr. Alexander Lauten: Beim Messen des Blutdrucks werden zwei Werte bestimmt – der obere systolische Wert und der untere diastolische Wert. Das Blut wird während der Systole des Herzens in die Hauptschlagader ausgeworfen, also immer dann, wenn sich der Herzmuskel zusammenzieht. Von dort fließt es in die Arterien des Körpers, was den Blutdruck in Form einer fühl- und messbaren Pulswelle kurz ansteigen lässt.

Der dabei erreichte maximale Blutdruck ist der „obere Wert“ – der systolische Blutdruck. Danach fällt der Blutdruck langsam ab, während sich die Herzkammer für den nächsten Herzschlag wieder füllt. Diese Füllungsphase nennt sich „Diastole“. Der dabei erreichte niedrigste Wert ist der diastolische Blutdruck – unmittelbar vor der nächsten Kontraktion des Herzens.

Welcher Wert ist wichtiger?

Prof. Dr. Lauten: Ich würde die Frage eher umgekehrt beantworten: Keiner von beiden Werten ist unwichtig und sowohl ein systolischer als auch ein diastolischer Blutdruck im krankhaften Bereich können eine Notwendigkeit für weiterführende Untersuchungen oder Behandlungen sein. Dabei gilt aber, dass eine einzelne Messung nicht ausreichend ist, um einen Bluthochdruck festzustellen. Es erfordert mehrere Messungen an mehreren Tagen oder – noch besser – eine 24-Stunden-Messung.

Der Blutdruck ist extrem variabel. Der Messwert kann schon allein dadurch beeinflusst werden, wer die Messung durchführt – beispielsweise jemand im weißen Kittel oder der Patient selbst. Auch psychische und physische Belastungen beeinflussen den Blutdruck.

Daher ist es sehr wichtig, dass die Messung in völliger Ruhe erfolgt. Dazu fünf Minuten hinsetzen, erst dann messen. Und es gilt auch, dass der systolische und diastolische Blutdruck nicht unabhängig voneinander behandelt werden können. Das heißt: Medikamente senken sowohl den oberen als auch den unteren Wert.

Welche Rolle spielt das Herz bei zu hohem Blutdruck? Ist es Ursache – oder leidet es unter den Folgen?

Prof. Dr. Lauten: Das Herz ist in der Regel nicht die Ursache eines zu hohen Blutdrucks. Es leidet aber darunter, dass es verstärkt arbeiten muss. Ein zu hoher Blutdruck führt langfristig über viele Mechanismen – wie Arterienverkalkung oder Zunahme der Wanddicke der Herzkammer – zu einer Verschlechterung der Durchblutung des Herzens und schädigt es damit.

Wenn bei jeder kleinsten Belastung (Küchen- oder leichte Gartenarbeit) der Blutdruck regelrecht in die Höhe schnellt – woran kann das liegen?

Prof. Dr. Lauten: Zunächst einmal ist ein Blutdruckanstieg bei körperlicher Belastung völlig normal und auch notwendig, damit wir überhaupt belastbar sind. Um einen Bluthochdruck festzustellen, müssen in erster Linie die Ruhe- oder Langzeitwerte herangezogen werden. Sind jedoch die im Ruhezustand gemessenen Werte normal und steigt der Blutdruck bereits bei kleinsten Belastungen sehr stark an, ist das oft Ausdruck dafür, dass der Körper selbst dieses Leistungsniveau nicht gewöhnt und untrainiert ist.

Man kann dann natürlich mit Medikamenten versuchen, diesen überproportionalen Blutdruckanstieg zu bremsen. Leider führt dies jedoch häufig dazu, dass der eigentlich normale Ruheblutdruck stark abgesenkt wird. Der Patient fühlt sich schlapp. Viel besser wären regelmäßige körperliche Aktivität und ein langsam aufbauendes körperliches Training.

Hängt häufiges Herzrasen mit dem Blutdruck zusammen?

Prof. Dr. Lauten: Wenn man Herzrasen verspürt, kann der Arzt feststellen, ob tatsächlich eine Herzrhythmusstörung vorliegt, also ob das Herz beispielsweise zu schnell oder unregelmäßig schlägt. Sofern eine Rhythmusstörung vorliegt, können wir das heute in den allermeisten Fällen sehr effektiv behandeln.

Selbstverständlich können bestimmte Rhythmusstörungen auch den Blutdruck beeinflussen. Dass aber ein stark erhöhter Blutdruck zu tatsächlichen Rhythmusstörungen führt, ist praktisch nicht der Fall. Oft spürt ein Patient mit einem plötzlich sehr stark erhöhten Blutdruck den eigenen Herzschlag sehr deutlich, ohne dass dafür eine Rhythmusstörung verantwortlich ist.

Hinweis der Redaktion: Die im Interview gewählte männliche Form bezieht sich immer auch auf weibliche und diverse Personen, die ausdrücklich mitgemeint sind.

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