Heuschnupfen, Asthma oder Corona: Symptome richtig deuten© Foto: Canva
Pollensaison trifft auf das Corona-Virus

Heuschnupfen, Asthma oder Corona: Symptome richtig deuten

Berlin

Die Sonne scheint immer öfter, die Temperaturen steigen und der Pollenflug nimmt zu. Gerade im Frühling fragen sich nun einige Heuschnupfen-Geplagte, ob ihre Symptome auf eine Covid-19-Infektion hindeuten könnten. Dabei unterscheiden sich die Symptome oft.

Circa 15 Prozent der Erwachsenen und etwa 9 Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden an Heuschnupfen. Prof. Dr. Torsten Bauer ist Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn am Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin und weiß genau, worin sich Heuschnupfen, Asthma und Corona unterscheiden lassen. Für uns ordnet er ein, ob Allergiker zu den Risikogruppen gehören und was es jetzt beim Tragen des Mund-Nasen-Schutzes zu beachten gilt.

Wie äußert sich Heuschnupfen?

Frau in Wiese niest
Pollen können schnell Niesanfälle auslösen | Foto: Canva

Heuschnupfen stellt eine Überempfindlichkeitsreaktion des Körpers gegen Pollen dar. Durch den Wind verbreiten sich diese und können bei Betroffenen schnell allergische Reaktionen auslösen.

Ein Klassiker beim Heuschnupfen ist das Jucken von Augen und Nase. Bei dem ersten spricht man von einer allergischen Konjunktivitis, also einer Reizung der Augenschleimhäute. Letzteres wird als allergische Rhinitis bezeichnet und geht mit Niesen und Naselaufen einher.

Einige Allergiker leiden auch unter Husten, der sich zu einem allergischen Asthma entwickeln kann.

Die Atopie ist die Neigung des Organismus Allergien auszubilden. Das betrifft verschiedene Organe, wie die Haut, die Lunge, den Darm und die Schleimhäute. Unter den Atopien gibt es dann den Heuschnupfen, die Konjunktivitis der Augen und das Asthma.

Prof. Dr. Torsten Bauer ist Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn | Helios Klinikum Emil von Behring

Asthma und Heuschnupfen – kann beides gleichzeitig auftreten?

Junge am Tisch putzt Nase
Kinder haben häufiger Heuschnupfen | Foto: Canva

Bei Asthma und Heuschnupfen handelt es sich um verschiedene Untergruppen, die unter dem Sammelbegriff Atopie laufen. „Die Atopie ist die Neigung des Organismus Allergien auszubilden. Das betrifft verschiedene Organe, wie die Haut, die Lunge, den Darm und die Schleimhäute. Unter den Atopien gibt es dann den Heuschnupfen, die Konjunktivitis der Augen und das Asthma“, so der Berliner Chefarzt.

Die oberen Atemwege (Nase und Rachen) hängen allergologisch mit den unteren Atemwegen (Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien und Lunge) zusammen. Umgangssprachlich und häufig auch medizinisch nutzen Ärztinnen und Ärzte hierfür die Bezeichnung „united airwayes“.

Kinder und junge Erwachsene sind wesentlich häufiger von Konjunktivitis und Heuschnupfen betroffen. Meist legt sich das in der Pubertät und kehrt im Alter mit asthmatischen Symptomen zurück. Es besteht sozusagen eine gewisse Atopiepause, die abhängig ist vom Hormonstatus und dem Alter des jungen Heranwachsenden.

„Bei Allergikern sehen wir einen sogenannten Etagenwechsel. Das heißt, in der frühen Lebensphase bis zum 40. Lebensjahr leiden sie häufig nur an Konjunktivitis und Rhinitis. Erst dann kommt der Etagenwechsel zum Asthma, sodass dann das Vollbild der gesamten respiratorischen Atopie da ist“, sagt Prof. Torsten Bauer. Jemand mit Asthma muss somit nicht unbedingt Heuschnupfen oder eine Konjunktivitis haben. In vielen Fällen trat jedoch eines davon vor dem Asthma auf.

Heuschnupfen, Asthma oder doch Covid-19?

„Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist Fieber. Asthma geht in der Regel nicht mit Fieber einher, auch wenn es mal zu einer gewissen Temperaturerhöhung kommen kann. Fieber über 38 Grad ist aber durch Asthma nicht erklärbar“, sagt Prof. Bauer.

Vielmehr ist Fieber ein Symptom, das auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 hinweisen kann. In diesem Fall sollten Betroffene in ihrer hausärztlichen Praxis anrufen und das weitere Vorgehen abklären.

Des Weiteren zeigen Beobachtungen, dass Covid-19-Erkrankte in der Regel keine Rhinitis, also keine laufende Nase haben. Dies ist ebenfalls eher ein Zeichen für Asthma oder Heuschnupfen.

„Häufig wissen Asthmatiker auch, dass sie Asthma haben. Aber: Sowohl bei Asthma als auch bei Covid-19 kann Atemnot auftreten“, so Prof. Bauer.

Symptome von Heuschnupfen, Asthma und Covid-19 im Vergleich

SymptomHeuschnupfen (Allergie)AsthmaCovid-19

Fieber

Fast nie

Fast nie

Häufig

Husten (produktiv)

Selten

Selten

Selten

Husten (trocken)

Häufig

Häufig

Häufig bei CoVID-19 Pneumonie

Atemnot

Selten

Häufig

Häufig

Schnupfen

Fast immer

Möglich

Selten

Niesreiz

Fast immer

Möglich

Fast nie

Gliederschmerzen

Fast nie

Fast nie

Häufig

Abgeschlagenheit

Häufig

Häufig

Häufig

Halsschmerzen

Selten

Selten

Möglich

Kopfschmerzen

Selten

Selten

Möglich

Augenjucken

Fast immer

Möglich

Fast nie

 

Diagnose Asthma oder Corona: so stellt der Arzt es fest

Stethoskop auf Tisch
Mit einem Stethoskop hört der Facharzt die Lunge ab | Foto: Canva

Zunächst befragt die Ärztin oder der Arzt den Patienten zu dessen Krankengeschichte. Beim Verdacht auf Asthma erfolgt die Überweisung an einen Lungenfacharzt (Pneumologe), um weitere Untersuchungen durchzuführen.

„Als Arzt ist es relativ einfach festzustellen, ob jemand Asthma hat. Beim sogenannten Auskultieren hören wir mit dem Stethoskop den Brustkorb ab. Dabei hört man beim Asthma ein typisches Giemen, also ein leichtes Pfeifen beim Atmen, und Brummen“, sagt Prof. Bauer. Beim Verdacht auf Asthma lässt der Arzt die Patientin Medikamente inhalieren, die dazu führen, dass innerhalb von 20 Minuten Asthmasymptome deutlich nachlassen. Dies ist ebenfalls ein indirekter Hinweis auf diese Atemwegserkrankung.

Als Arzt ist es relativ einfach festzustellen, ob jemand Asthma hat. Beim sogenannten Auskultieren hören wir mit dem Stethoskop den Brustkorb ab. Dabei hört man beim Asthma ein typisches Giemen, also ein leichtes Pfeifen beim Atmen, und Brummen.

Prof. Dr. Torsten Bauer ist Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn | Helios Klinikum Emil von Behring

Medikamente bei Asthma und Allergien

„In der Regel sind die meisten Asthmatiker heutzutage gut geschult. So hat beispielsweise jeder Asthmatiker ein Notfallspray zum Inhalieren, das nach circa 20 Minuten hilft. Sollte das jedoch gar nicht helfen, gibt es bei schwerem Asthma Notfallpens oder Cortison in Tablettenform – diese wirken sehr schnell“, erklärt Prof. Torsten Bauer.

Bei Menschen, die eine Rhinitis oder Konjunktivitis haben, helfen meist cortisonhaltige Präparate bei lokaler Anwendung. Es gibt aber auch nicht cortisonhaltige Präparate zur Linderung der Allergie. Wichtig ist, dass Allergikerinnen und Allergiker ihre Medikamente über die gesamte Allergie-Saison anwenden – also auch, wenn es gerade nicht juckt. Erst die regelmäßige Anwendung, zum Beispiel eines Cortison-Nasensprays, bringt den gewünschten Effekt.

Hyposensibilisierung: Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Bei einer Hyposensibilisierung wird versucht, das Immunsystem ein wenig an ein gewisses Allergen zu gewöhnen. Dazu wird dieses in steigenden Konzentrationen in die Haut gespritzt.

Möglich ist die Hyposensibilisierung nur außerhalb der Saison, sodass damit meist erst im Oktober gestartet werden kann. Ziel ist, die Allergiesymptome mittel- und langfristig zu verringern.

Mund-Nasen-Schutz bei Asthma oder Allergie: Das sollten Sie beachten

Frau mit MNS am Baum
Pollen sind größer als Viren und gelangen durch die Maske nicht so leicht in die Nase | Foto: Canva

Wer unter einer Allergie oder Asthma leidet, für den kann der Mund-Nasen-Schutz ganz schön unangenehm sein. Beim Niesen gelangen die Sekrete direkt in der Maske, sodass sie eigentlich mehrfach am Tag gewechselt werden sollte. Prof. Torsten Bauer sagt: „In der Regel bleibt Betroffenen gar nichts anderes übrig, als zehn verschiedene Mund-Nasen-Schutzmasken einzupacken und diese regelmäßig zu wechseln. Denn, was einmal ausgeniest wurde, möchte man nicht mehr einatmen.“

Generell empfiehlt er Allergikern aber einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. „Als tröstendes Beiwerk ist ein Mund-Nasen-Schutz relativ Pollendicht. Pollen sind größer als Viren und wenn die Maske gut sitzt, gelangen somit auch weniger Pollen in die Nase“, sagt der Chefarzt.

Ansonsten rät Prof. Bauer allen dazu, sich nicht mit den Händen in den Gesichtsbereich zu fassen. Die Maske kann hier unterstützend als Barriere für die Hände wirken. Zudem können Augentropfen oder antiallergische Medikamente das Jucken soweit reduzieren, dass das Bedürfnis, sich mit den Fingern im Gesicht zu jucken, nachlässt.

Als tröstendes Beiwerk ist ein Mund-Nasen-Schutz relativ Pollendicht. Pollen sind größer als Viren und wenn die Maske gut sitzt, gelangen somit auch weniger Pollen in die Nase.

Prof. Dr. Torsten Bauer ist Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn | Helios Klinikum Emil von Behring

Führen mehr Pollen zu einer erhöhten Rate von Corona-Infektionen?

Laut einer neu veröffentlichten Publikation besteht ein epidemiologischer Zusammenhang. In den Gebieten, in denen sehr viele Pollen unterwegs waren, stiegen auch die Infektionszahlen an. Auch Prof. Bauer hält einen epidemiologischen Zusammenhang für plausibel, denn „die Barriere Schleimhaut dient dazu, dass wir auf der Welt überleben können. Durch Pollen ist sie angegriffen und unter Umständen empfänglicher für niedrige Viruslasten, also auch eine Infektion mit SARS-CoV-2“.

Aber: „Dass Asthmatiker „schlechtere Karten“ haben, wenn sie sich infizieren, ist nicht zu belegen – wenn sie regelmäßig ihre Medikamente nehmen“, sagt der Chefarzt.

Tipps, um das Infektionsrisiko zu senken

Grundsätzlich unterscheiden sich Asthmatiker und Pollen-Allergiker nicht von allen anderen Menschen in der Pandemie. Abstand ist weiterhin das beste Infektionsschutzinstrument. Masken sind hingegen nur eine Zeitlang wirklich dicht und somit kein ausreichender oder alleiniger Schutz gegen Coronaviren.

Daher sollte man möglichst dann einkaufen gehen, wenn die Geschäfte nicht so stark frequentiert sind und große Menschenansammlungen meiden. „Abstand ist leider durch nichts zu ersetzen, um einer Infektion mit SARS-CoV-2 und anderen Atemwegsviren vorzubeugen“, sagt Prof. Torsten Bauer.