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Therapie bei Harnblasenkrebs: die radikale Zystektomie-Operation

Ein Harnblasenkrebs ist ein bösartiger Tumor, der in der Blasenschleimhaut entsteht. Wird das Karzinom nicht frühzeitig entdeckt, kann es in tiefere Schichten der Blase vordringen und sich über das Organ hinweg ausbreiten. Eine Entfernung der Harnblase, die sogenannte radikale Zystektomie, ist die wirksamste Form, den Krebs zu bekämpfen. Lesen Sie hier alles Wichtige dazu. 

At doctors appointment physician shows to patient shape of urine bladder with focus on hand with organ. Scene explaining patient causes and localization of diseases of bladder and the urinary system,At doctors appointment physician shows to patient shape of urine

Harnblasenkrebs: Männer sind häufiger betroffen

In Deutschland erkranken jährlich über 20.000 Männer an einem Tumor der Harnblase. Bei Frauen ist die Erkrankung seltener: pro Jahr sind etwa 7.000 Patientinnen neu betroffen. Dieser Krebs ist bösartig und kann sich von der Blase auf andere Organe des Körpers ausbreiten. Auch bei dieser Krebsart ist das Rauchen ein entscheidender Risikofaktor. 

Eine Entfernung der Harnblase ist  die wirksamste Form diesen Krebs zu bekämpfen. Diese Operation wird Zystektomie genannt. Dazu gehört auch die Wiederherstellung einer Harnblasenfunktion durch verschiedene Methoden der Harnableitung.

Wann muss die Harnblase entfernt werden?

Bei Erkrankungen der Blase, die nicht auf einen Harnblasenkrebs zurückzuführen sind, wie zum Beispiel bei entzündlichen Erkrankungen oder Funktionsstörungen, werden einfache Entfernungen der Harnblase durchgeführt, sogenannte einfache Zystektomien. Hierbei wird nur das Organ entnommen, ohne das umliegende Gewebe oder die im Becken befindlichen Lymphknoten. Damit bleiben die Prostata beim Mann und die inneren Geschlechtsorgane der Frau geschont.

Bei fortgeschrittenen und schweren Harnblasenerkrankungen ist eine vollständige, also radikale, Entfernung der Harnblase nötig. Dazu gehören:

  • muskelinfiltrierende, also in die Muskeln hineinwachsende, Harnblasenkarzinome
  • oberflächliche, aber höhergradige Tumoren, besonders bei jüngeren Patient:innen
  • wiederkehrendes oder fortgeschrittenes Harnblasenkarzinom
  • verschiedene Tumoren des kleinen Beckens

Bei einer solchen radikalen Zystektomie werden neben der Harnblase selbst auch die umliegenden Gewebe und die Beckenlymphe entfernt. Diese Operation ermöglicht einen Sicherheitsabstand zum erkrankten Gewebe, damit wirklich alle Krebszellen erfasst werden. Beim Mann wird bei der radikalen Zystektomie zusätzlich die Prostata entfernt, bei der Frau ein Teil der Scheidenvorderwand, der Gebärmutter oder der Eileiter.

Minimalinvasive Therapie für mehr Lebensqualität

Bei der Befundung und Behandlung von Harnblasenkrebs bot lange Jahre die Laparoskopie, also die sogenannte Bauchspiegelung per Video, nur einen zweidimensionalen Blick.

Neue computergestützte Operationssysteme bieten ein dreidimensionales Bild und statten die chirurgischen Eingriffsgeräte mit mehr Bewegungsmöglichkeiten aus. Mit diesen neuen Operationstechniken sind auch aufwändigere Operationen wie die sogenannte Neoblase (neue Blase) möglich. Wenn dies bei den Patient:innen medizinisch möglich ist, dann ersetzt die Neoblase aus körpereigenem Dünndarmgewebe die natürliche Harnblase.

Diese Therapie ermöglicht den Patient:innen deutlich mehr Lebensqualität als alle bisherigen Formen der Tumorchirurgie bei Blasenkrebs.

  • rechtzeitiges Absetzen gerinnungshemmender Mittel
  • medikamentöse Vorbereitung des Darmes für die Operation
  • Einnahme von Antibiotika zur Vorbeugung von Entzündungen
  • Ausschluss oder Behandlung einer bestehenden Harnwegsinfektion

 

Wichtige Voraussetzung für die Genesung nach der Operation ist eine gute Vorbereitung auf die Veränderungen in der Harnableitung. Sie bekommen eine ausführliche Beratung zum Umgang mit der eventuell veränderten Harnableitung durch einen Katheter oder einer möglichen Ausleitung durch die Bauchdecke über eine Öffnung (Stoma).

 

Die Narkose während der Operation besteht meist aus einer Kombination von Epiduralanästhesie (Verfahren zur Betäubung von Rückenmarksnerven) und einer Vollnarkose. So werden sehr stark wirkende Schmerz- und Betäubungsmittel (Opiate) nach der Operation vermieden oder reduziert, was bei einer schnellen Wiederherstellung des Darms hilft, wenn dieser zur Harnableitung genutzt werden soll.

Je nach medizinischer Notwendigkeit und persönlichen Vorbedingungen der Patient:innen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die Funktion der Harnblase zu ersetzen.

 

Man unterscheidet zwischen sogenannten orthotopen Rekonstruktionen der Blase, die den Harn am natürlichen Ort ableiten und heterotopen Möglichkeiten, wobei an anderer Stelle des Körpers eine Ableitung gefunden wird.

 

Für die Ableitung des Harns aus dem Körper können verschiedene Abschnitte des Darms genutzt werden: der Magen, der Dickdarm (Kolon), der untere Teil des Dünndarms (Ileum) oder der Übergang von Dünn- und Dickdarm.

 

Diese Ableitungen des Harns aus dem Darm können als kontinuierliche Ableitung erfolgen, als sogenannte inkontinente Harnableitungen oder sie erfolgen, indem zunächst der Harn gesammelt wird, bevor er aus dem Körper geleitet wird – eine sogenannte kontinente Harnableitung.

 

Für jede Patientin oder jeden Patienten wird aus diesen möglichen Komponenten die medizinisch sinnvolle und individuell optimale Lösung gesucht. Beispiele dafür können sein:

 

Orthotope kontinente Harnableitung

 

Die Harnblase wird ersetzt, zum Beispiel durch eine aus dem Ende des Dünndarms geformte neu geschaffene Blase (Ileumneoblase). Diese wird mit einem intakten Schließmuskel verbunden.

 

Heterotope kontinente Harnableitung

 

Ein Harnreservoir wird zum Beispiel im Dünndarm künstlich geschaffen. Da es aber nicht über den natürlichen Harnausgang geführt werden kann, wird es regelmäßig über einen Katheter entleert.

 

Heterotope inkontinente Harnableitung

 

Wenn kein Ersatz für die Blase geschaffen werden kann, kann der Harn nicht im Körper gesammelt werden. Die Harnableitung erfolgt dann durch einen kontinuierlichen Fluss direkt durch eine Öffnung in der Haut, einem sogenannten Stoma

Kontinente Harnableitungen, also solche, die – wie die natürliche Blase – den Harn im Körper halten, bevor sie abgeleitet werden, erfordern medizinische Voraussetzungen. So können sie nicht eingesetzt werden bei Patient:innen mit Colitis ulcerosa, Niereninsuffizienz und meist auch nicht bei Karzinombefall der Harnröhre, der Prostata oder des Harnblasenhalses sowie bei nicht funktionierendem Schließmuskel.

 

Das medizinische Team wird Sie ermutigen, frühzeitig anzufangen, sich zu bewegen. Über Atemtherapien werden Beckenboden und Zwerchfell wieder mobilisiert. Wir betreiben Vorsorge gegen Thrombosen, kontrollieren regelmäßig Ihre Werte, überprüfen die Nierenfunktionen und betreiben die Kontrollen der Wunden und des eventuellen Stomas. Sie lernen den Umgang mit der neuen Harnableitung und werden auf die Zeit nach der stationären Behandlung vorbereitet.

Nach der Operation braucht der Dünndarm nur wenige Stunden, Dickdarm und Magen nur ein bis zwei Tage, um wieder normal zu arbeiten. Eine Magensonde ist daher nicht notwendig. Nachdem die Patient:innen zunächst schluckweise Wasser zu sich nehmen, kommen schon am zweiten Tag etwas Tee, Suppe und Zwieback dazu. Auch das Kauen von Kaugummi beschleunigt durch die Speichelbildung die Normalisierung der Darmfunktionen.

Die chirurgischen Eingriffe in das Verdauungssystem können Folgen für Patient:innen haben, die meist jedoch gut beherrschbar sind:

 

Bei einem künstlich errichteten Harnreservoir im Körper, also bei kontinenten Harnableitungen, muss sich der Säure-Basen-Haushalt einpendeln. Hierzu erfolgen regelmäßig Kontrollen des Blutes.

 

Bei einigen Harnableitungen über den Dünndarm ist eine lebenslange ergänzende Zufuhr von Vitamin B12 notwendig.

 

Zu beachten ist insbesondere, dass Medikamente, die über die Verdauung aufgenommen und dann unverändert über die Niere ausgeschieden werden, bei kontinenten Harnableitungen wieder aufgenommen werden. Dies kann jedoch über Drainagen oder Veränderung der Medikation vermieden werden.

 

Harnwegsinfektionen treten oft vermehrt auf, werden jedoch über erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsorge schnell erkannt und behandelt. Erhöhte Schleimbildung im Darm und häufige Harnwegsinfektionen begünstigen in einigen Fällen die Entstehung von Harnsteinen.

 

Durch eine Verkürzung des Dünndarms ist eine Erhöhung der Gallensäure oder vermehrte Bakterienbesiedlung im Darm möglich. Beides kann zu häufigem Durchfall führen.

 

Trotz möglicher Begleiterscheinungen gewinnen Menschen mit Harnblasenkrebs durch die radikale Zystektomie mit der individuell angepassten Harnableitung eine deutlich erhöhte Lebensqualität. Auch die Ausbreitung des Karzinoms kann dadurch meist verhindert und das Leben verlängert werden.

 

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