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Raynaud Syndrom: Wenn die Finger weiß werden

Beim Raynaud-Syndrom – auch „Weißfingerkrankheit“ genannt, werden meist die Finger der Betroffenen bei Kälte plötzlich weiß. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben. Eine ausführliche Diagnose ist daher ratsam. Hier lesen Sie mehr dazu.

Seelsorge

Raynaud Syndrom ernst nehmen

Es hat etwas Erschreckendes für die Betroffenen – anfallsweise auftretendes Verfärben der äußersten Extremitäten, meist der Hände. In der medizinischen Sprache bezeichnet man dieses Erscheinungsbild als „Raynaud Syndrom“, benannt nach dem Erstbeschreiber, dem französischen Arzt Maurice Raynaud (1834 bis 1881).

Die oft auch schmerzhaften Durchblutungsstörungen treten verstärkt bei Kälte auf. Meist wird es dann auch der Kälte zugesprochen und zunächst nicht ernst genommen. Das Phänomen kann jedoch auch auf schwere Erkrankungen hindeuten und sollte untersucht werden.

Woran erkenne ich einen Raynaud-Anfall?

Die Verfärbung der Finger reicht meist von Weiß über Blau zu Rot und tritt plötzlich und anfallsartig auf, häufig begleitet von Taubheitsgefühlen und Schmerzen. Betroffen sind einzelne Finger in ganzer Länge oder auch nur die Fingerkuppen oder die Handinnenfläche. Handrücken und Daumen bleiben meist verschont. Seltener betrifft es auch Zehen und Füße.

Nach wenigen Minuten ist meist alles vorbei, nur in Ausnahmefällen dauert es länger. Ebenso schwankend ist die Häufigkeit. Manche Patient:innen betrifft es wenige Male im Jahr, andere mehrmals am Tag.

Wieso verfärben sich die Finger?

Um eine gleichbleibende Körpertemperatur zu halten, ziehen sich Gefäße bei Kälte zusammen, bei Wärme erweitern sie sich. Bei Raynaud-Patient:innen vermutet man eine Störung der Nervenfunktion in den Handgefäßen, die durch den Sympathikus-Nerv gesteuert werden. Der Sympatikus ist der Teil des Nervensystems, der den Körper auf geistige oder körperliche Aktivitäten einstellt. Er wird meist in Stress- und Notfallsituationen aktiviert.

Dadurch ziehen sich die Gefäße so krampfartig zusammen, dass zu wenig Blut in die Finger fließt, wodurch sie erblassen und regelrecht weiß werden. Eine mögliche spätere bläuliche Verfärbung entsteht dann durch den Mangel an Sauerstoff. Man spricht auch von einer Vasospastik, einem Gefäßkrampf. Wenn sich dieser wieder löst, werden die Finger zunächst so stark durchblutet, dass sie rot erscheinen und kribbeln. Diese typische Abfolge der Verfärbung der Finger nennt sich auch „Tricolore“ Phänomen, also Dreifarbigkeit.

Genetische Ursachen entdeckt

Ein deutsch-britisches Forscherteam hat die genetische Ursache für die erblich bedingte Erkrankung gefunden. Die Wissenschaftler:innen verglichen Gen- und Krankendaten von über 5.000 Betroffenen und mehr als 400.000 Gesunden. Die Studie zeigt, dass bei den von der Weißfingerkrankheit Betroffenen zwei Gene häufiger verändert waren: Zum einen war das der alpha-2A-adrenerge Rezeptor für Adrenalin, ADRA2A, ein klassischer Stressrezeptor. Dieser bewirkt, dass sich die kleinen Gefäße zusammenziehen. Zum anderen handelte es sich um das Gen für den Transkriptionsfaktor IRX1, der die Fähigkeit zur Gefäßerweiterung regulieren könnte. Die Forschenden konnten zusätzlich nachweisen, dass Menschen mit einer genetischen Neigung zu einem niedrigen Blutzuckerspiegel ein erhöhtes Risiko für die Weißfingerkrankheit haben. Die Wissenschaftler:innen raten daher, längere Episoden mit niedrigem Blutzucker zu vermeiden.

Bei jungen Menschen oft Kälteempfindlichkeit

Tritt das Phänomen bei jüngeren Menschen auf, handelt es sich zumeist um ein sogenanntes primäres Raynaud-Syndrom. Das heißt, es liegen wahrscheinlich keine anderen ursächlichen Erkrankungen zugrunde.

Für diese Patient:innen ist es wichtig, ihre Finger und Hände nie auskühlen zu lassen. Bereits im Herbst sollten Handschuhe getragen und insgesamt auf einen guten Wärmeschutz geachtet werden. Auch das Rauchen ist tabu, da es zusätzlich die Gefäße zusammenziehen lässt.

Mögliche ernste Erkrankung im mittleren Alter

Wird das Raynaud-Syndrom erstmals im mittleren oder höheren Lebensalter beobachtet, deutet es meist auf eine zugrundeliegende Erkrankung hin. Man spricht dann von einer „sekundären Form“. Sekundär bedeutet, dass die Ursache bekannt ist oder wahrscheinlich erscheint. Häufig sind dies entzündlich-rheumatische Erkrankungen (Bindegewebskrankheiten) oder Malignome (bösartige Tumore). Wichtig ist eine ausführliche medizinische Untersuchung, um die Ersterkrankung zu erkennen und zu behandeln.

Raynaud als Berufskrankheit

Das Raynaud-Syndrom kann auch beruflich bedingt sein. Dauerhaftes Arbeiten mit den Fingern – ob auf der Computertastatur oder als professioneller Pianist – kommt als Ursache ebenso in Frage wie Verschlüsse der Fingerarterien durch Verletzungen beim Handwerken (Hammer-Syndrom).

Auch Arbeiten in großer Kälte und Feuchtigkeit wie an Kühltheken oder bei der Reinigung können dazu führen. Bestimmte Chemikalien können ebenfalls Auslöser einer anfallsartigen Durchblutungsstörung sein.

Ein berufsbedingtes Raynaud-Syndrom kann Auswirkungen auf Berufsfähigkeit und Rente haben. Hierbei ist eine genaue Diagnose wichtig, die dann an die entsprechende Berufsgenossenschaft oder Rentenversicherung gemeldet werden kann.

Wie wird die Krankheit diagnostiziert?

Zur Sicherung der Diagnose wird die ausführliche Anamnese (Krankheitsgeschichte) der Patient:innen benötigt. Es folgt eine Untersuchung der Pulse, der Hände sowie der Nagelfalzkapillaren, das sind sehr feine Gefäße an den Rändern der Fingernägel, mit einem speziellen Mikroskop (Kapillarmikroskopie). Zusätzlich werden die Durchblutung der einzelnen Finger gemessen (Oszillometrie) und die Antikörper im Blut bestimmt, um etwaige rheumatische Grundkrankheiten zu erkennen.

Welche Therapie ist möglich?

Die Behandlung hängt ab von der zugrundeliegenden Erkrankung. Für das primäre Raynaud Syndrom existiert keine spezifische Behandlung. In solchen Fällen ist der Schutz vor Kälte die wichtigste Maßnahme.

Sekundäre Formen hingegen lassen sich gezielter therapieren. Oft werden bei rheumatischen Krankheiten Medikamente zur Unterdrückung der Immunabwehr verordnet (zum Beispiel Cortison). Eine solche Therapie erfolgt in spezialisierten Einrichtungen, wobei die Einleitung der Behandlung meist unter stationären Bedingungen vorgenommen wird.

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