Im Vergleich zur Gegenwart war der klinische Alltag der 50-er und 60-er Jahre des letzten Jahrhunderts daher eher durch offen-chirurgische Eingriffe geprägt, allerdings
- ohne interventionelle Endourologie und Endoskopie des oberen Harntraktes
- ohne perkutane Steinbehandlung und ESWL
- ohne Sonografie und Computertomografie
- ohne Chemotherapie
- ohne regelhafte radikale Prostatektomie, Zystektomie und Harnderivation
- ohne Urodynamik und
- ohne urologische Laparoskopie.
Ein besonderer Aspekt dieser Zeit jedoch ist sicher in der engagierten Suche nach einer Form der Nierenersatztherapie zu sehen. Obwohl die erste Nierentransplantation am Menschen bereits 1954 (bei eineiigen Zwillingen) gelang, erfolgte der klinische Durchbruch bekanntlich erst 30 Jahre später mit der Einführung des ersten geeigneten Immunsuppressivums, des Cyclosporins, in den frühen 80er Jahren. Für die Hämodialyse hingegen lagen Vorarbeiten von Thomas Graham (Graham 1861), John Jacob Abel (Abel 1913) und Georg Haas (Haas 1925) vor; letzterem gelang 1924 an der Medizinischen Klinik Gießen die erste „Blutwäsche“ am Menschen unter Verwendung von Hirudin (Enke 2007). Ermutigt durch weitere Erfolge von Willem Kolff (Kolff 1945; weltweit erste klinisch erfolgreiche Dialyse) und Nils Alwall (Alwall 1946; erstmals mit Ultrafiltration) führte Curt Moeller (Moeller 1955) am 8. März 1950 am Marien-Krankenhaus Hamburg die erste klinisch effektive Dialyse in Deutschland durch (www.curtmoeller.de). Die von ihm in den 50-er Jahren verbesserten Modelle (Moeller II und III) – bis 1960 an insgesamt 14 (meist west)-deutschen Krankenhäusern eingeführt (Rafal 2002) - waren der Ausgangspunkt für eine dann in Aue einsetzende, eigenständige Entwicklung in der damaligen DDR, für die zwei historische Daten Erwähnung finden müssen: Zum einen die Gründung der Urologischen Klinik Aue am 1. August 1961, zum anderen der Bau der Berliner Mauer wenige Tage später am 13. August 1961 – mit der daraus resultierenden weiteren politischen wie medizinisch-wissenschaftlichen Isolation. Entscheidend aber wirkte für den Aufbau und die Entwicklung der Auer Urologie zu einem überregional bekannten, urologisch-nephrologischen Zentrum der Gründer der Klinik:
Herr Professor Wolfgang Kaden (1927-2014, Lebenslauf).
Er gilt nicht nur als Vater der „Künstlichen Nieren“ Aue I und II (Kaden 1965/1970), die er gemeinsam mit der Fa. Scheibner in Bernsbach, dem Leiter des Forschungslabors der Chirurgischen Klinik Halle, Dr. Manfred Richter und dem Chemnitzer Ingenieur Günter Fechner entwickelt hat, sondern als wichtiger Motor und Lichtgestalt der ostdeutschen und sächsischen Urologie.