Prägend für mich war auch die Einstellung meines derzeitigen Chefarztes
Frauen in Führung

Prägend für mich war auch die Einstellung meines derzeitigen Chefarztes

Berlin

Natalie Peplies hat die Leitung der Station 22 im Helios Klinikum Niederberg inne. Auf „ihrer" Station werden Patient:innen mit akuten und chronischen Lungenkrankheiten sowie Atemwegsbeschwerden behandelt. Wie sie ihren Weg in die Pneumologie und zur Stationsleitung fand, und welche Ratschläge sie für junge Krankenpflegerinnen hat, verrät sie uns.

Glauben Sie, dass Ihr Weg nach oben schwieriger war, als bei Männern?

Allgemein bin ich davon überzeugt, dass in vielen Bereichen des Berufslebens die Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen immer noch schwieriger sind, als bei Männern. Viele Unternehmen bemühen sich zwar, Karrierechancen von Frauen zu verbessern, haben aber immer noch im Hinterkopf, dass Jobs in Führungspositionen für Frauen oftmals nicht geeignet sind, weil sie sich neben dem Job auch noch um Kinder und Familie kümmern müssen und daher den nötigen Arbeitseinsatz nicht leisten können. Im Zweifelsfalle wird sich daher eher für einen männlichen Bewerber entschieden.

Im Vergleich zu anderen Branchen stellt sich die Situation in der Pflege aber generell meiner Meinung nach besser dar. Das mag vor allem daran liegen, dass der Anteil der Frauen in diesem Arbeitsfeld mit fast 80 Prozent deutlich über dem der Männer liegt. Leider muss man jedoch auch feststellen, dass der Anteil an Frauen in Führungspositionen auch im Pflegebereich im Vergleich zum Anteil der dort arbeitenden Frauen relativ gering ist. Aus Gesprächen mit Kolleginnen weiß ich, dass viele Frauen sich nicht für einen Aufstieg bewerben, da sie der Meinung sind, sie können sich nur bewerben, wenn sie zu 100 Prozent für den angestrebten Posten geeignet sind. Dazu kommen natürlich die bereits erwähnten Gedanken, ob sie Familie und Kinder eventuell mit dem angestrebten Posten vereinbaren können.

Für mich persönlich waren diese Fragen und Gedanken auf meinem Weg nach oben nie relevant. Ich war von dem was ich tue immer selbst überzeugt und habe auch in allen bisherigen Positionen überwiegend positive Rückmeldungen und Unterstützung   nicht nur aus dem Pflegebereich, sondern auch aus dem Bereich der Ärzte erhalten. Als Antwort auf die gestellte Frage kann ich daher eindeutig sagen, dass mein bisheriger Weg nach oben nicht schwieriger war, als bei Männern.

Männer wollen oft führen, vielen Frauen liegt es besser, zu leiten. Nutzt diese Chance, es ist immer besser, ein Team zu leiten als es strikt zu führen.

Natalie Peplies, Leitung Station 22, Helios Klinikum Niederberg

Inwieweit unterscheidet sich Ihr Führungsstil von dem eines Mannes?

Der persönliche Führungsstil ist im Wesentlichen abhängig von der Persönlichkeit der Führenden und ob man ein Team führt oder leitet. Ich glaube schon, dass ich die Prioritäten etwas anders gewichte, als Männer. Ich habe immer meine Mitarbeiter:innen als Team betrachtet und bin ihnen auf Augenhöhe begegnet. Auch sehe ich meine Rolle eher als Mentorin, wie als Vorgesetzte.

Ein klares Wort oder eine klare Anweisung dürfen natürlich in Zweifelsfällen bei der Führung nicht fehlen. Ich glaube, dass viele Männer bei ihrem Führungsstil eher versuchen, die Fäden in der Hand zu halten, um einen eventuellen Kontrollverlust zu verhindern. Ich dagegen versuche immer, meine Mitarbeiter:innen verstärkt in die Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, da ich dies bezüglich Teambildung und Teambereitschaft für den besseren Weg halte und daher mein Team eher leite als führe. Dazu gehört meiner Meinung nach auch eine gewisse Bereitschaft, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen einzugehen, sofern dies im Rahmen der Möglichkeiten realisierbar ist.

Frauen gelten im Allgemeinen als diplomatischer, kommunikativer und oft auch als organisierter als Männer. Auch wenn eine Selbsteinschätzung immer kritisch ist, glaube ich, dass diese Eigenschaften auch auf mich zutreffen. Bestätigt wird mir dies durch die guten Kontakte zu allen anderen Klinikbereichen außerhalb meines Teams, die für die tägliche Arbeit enorm wichtig sind.

Wenn man sich bewusst ist, dass Mitarbeiter:innen des Reinigungs- oder des Transportdienstes genauso wichtig für den funktionierenden Tagesablauf der Klinik sind, findet man auch ihnen gegenüber den richtigen Umgangston, um sie entsprechend mit einzubinden. Ein freundliches Wort und die Wertschätzungder geleisteten Arbeit führt meiner Erfahrung nach bei allen Mitarbeiter:innen zu mehr Motivation und letztlich zu mehr Arbeitsbereitschaft.

Prägend für mich war auch die Einstellung meines derzeitigen Chefarztes, Herr Dr. Leidag, mit dem ich nun seit fast 13 Jahren zusammenarbeite. Die Zusammenarbeit fand immer auf Augenhöhe statt. Die typische Klassentrennung zwischen Ärzten und Pflege, wie es sie auch heute teilweise noch gibt, habe ich daher selten kennengelernt. Es gibt tägliche kurze Besprechungen, bei dem alles Wichtige des Tages besprochen wird. Diese Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflege hatte immer einen positiven Einfluss auf meinem Führungsstil, der letztendlich nicht nur dem Team, sondern auch den Patienten zu Gute kommt.

Auch wenn man es nicht verallgemeinern kann, glaube ich schon, dass sich insofern mein Führungs- beziehungsweise Leitungsstil von dem vieler Männer etwas unterscheidet.       

Was geben Sie Frauen mit, die am Anfang ihrer Karriere stehen?

Es gibt sicherlich jede Menge mehr oder weniger gute Ratschläge für Frauen, die weiterkommen wollen. Ich komme selbst aus dem Bereich der Pflege und kann daher nur meine eigenen Erfahrungen in diesem Arbeitsumfeld weitergeben.

Die Befürchtung, man könnte Beruf und Familie nicht miteinander vereinbaren, bestimmt bei vielen Frauen im Vergleich zu Männern immer noch zu oft ihre Denkweise. Berufliche Karriere und Familie müssen jedoch heute in einem modern aufgestellten Unternehmen, wie bei Helios, kein Widerspruch sein. Ich kann daher allen nur raten, sich ihrer eigenen Stärken bewusst zu sein und sich nicht zu scheuen, neue Herausforderungen anzunehmen.

Zunächst sollten sie jedoch jede Möglichkeit nutzen, ihr Wissen in fachlicher Richtung zu erweitern. In einem Konzern wie Helios gibt es oftmals auch für Kolleginnen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, Weiterbildungsmöglichkeiten, um das berufliche Wissen auszubauen und damit weitere Fachkompetenz zu erwerben. Wenn die eigene Fachkompetenz stimmt, ist ein selbstbewusstes Auftreten angesagt.

Von Vorteil ist auch, sich in seinem beruflichen Umfeld einen Namen zu machen. Es nützt nichts, nur gut in seinem Job zu sein, man muss auch dafür sorgen, dass die „Entscheider“ es mitbekommen. Das mag zwar überheblich klingen, Tatsache ist jedoch, dass Männer meist wesentlich besser vernetzt sind und daher öfters in den Fokus rücken, wenn es um den beruflichen Aufstieg geht.

Zusammenfassend kann ich Frauen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, daher folgendes raten:

Seid selbstbewusst und habt den Mut, euch auch auf Stellen zu bewerben, bei denen ihr eventuell nur 75 Prozent des Anforderungsprofils erfüllt. Die restlichen 25 Prozent sind im Zweifel schnell dazugelernt. Nehmt jede Möglichkeit der Weiterbildung war, um eure Fachkompetenz zu festigen. Beweist in jeder Phase eures Berufslebens, das ihr teamfähig seid und aufgeschlossen gegenüber notwendigen Veränderungen. Männer wollen oft führen, vielen Frauen liegt es besser, zu leiten. Nutzt diese Chance, es ist immer besser, ein Team zu leiten als es strikt zu führen.