Mit roter Nase zur Visite

Mit roter Nase zur Visite

Momente des Lachens, dieses Geschenk haben Rosa und Gil im Gepäck, wenn sie Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen besuchen. Sie entführen Groß und Klein eine Zeit lang aus ihren Sorgen und Ängsten. Eine Gabe, die auch in der aktuellen Pandemie benötigt wird. Denn – wir alle kennen das deutsche Sprichwort – Lachen ist die beste Medizin.

Manche Menschen verfügen über eine beneidenswerte Gabe. Scheinbar mühelos können sie andere zum Lachen bringen oder ihnen zumindest ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Für den Beglückten werden sie so zum Fitnesstrainer der Seele. Dieses Wunder vollführen sie mit scheinbarer Leichtigkeit. Clowns obliegt dieses Talent in besonderer Weise. Für gemeinhin sieht man ihr Wirken auf den Zirkus begrenzt. Doch die Sehnsucht nach Lachen ist weit größer als eine Manage Zuschauerplätze hat. Ganz besonders dort, wo Leid, manchmal aber auch Einsamkeit herrscht.

Wenn Lachen die beste Medizin ist, dann ist ein guter Clown der beste Arzt. 
Siegfried Wache (Buchautor)

Entführt in eine andere Welt

Es braucht nicht viel und Rosa und Gil sind bereits am Ziel. Rosa, die im wahren Leben Martina Bartova heißt, lugt mit Gil, Matthias Marquitz, nur einmal verschmitzt durch das Fenster der Kinderstation, schon ernten sie ein freudiges Lachen. Als Klinikclowns haben die beiden eine wahrhaft meisterliche Aufgabe: Sie wollen kleine Patient:innen für einen kurzen Augenblick die Sorgen nehmen und sie den klinischen Alltag vergessen lassen.

Der 37-jährigen Theaterpädagogin und dem 40-jährigen Zirkuspädagogen und Kinderarzt fällt das offenbar nicht schwer. Rasch gewinnen sie die Aufmerksamkeit ihrer Zuschauer, nehmen sie für den Moment des Seins gefangen und entführen sie in eine andere Welt. In der dominieren rote Nasen, bunte Malstifte, Luftballons und manchmal auch ein Bonbon. Von so viel Freude lassen sich aber nicht nur die Patient:innen anstecken, auch deren Eltern leben mit dem Clownsbesuch sichtbar auf.

Hinter der Maske des Clowns verbirgt sich oft ein größerer Künstler, als man geneigt ist zu glauben.
Germund Fitzthum (österreichischer Aphoristiker)

Sich selbst ausblenden, um ein Lächeln zu schenken

Ihr geistiges Zuhause haben Rosa und Gil beim Verein Clownsnasen e.V. aus Leipzig. Ihm gehören, sagt dessen Geschäftsführer Michael Bratschke, gegenwärtig neun aktive Clowns an. Sieben Frauen und zwei Männer, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Kindern und Jugendlichen, aber auch älteren Menschen etwas Lebensfreude zu schenken. „Wir besuchen Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen in Leipzig, reisen für Auftritte aber auch nach Erfurt, Halle, Merseburg oder Dessau“, erläutert er.

Um ein echter Klinikclown zu werden, bedarf es in erster Linie einer positiven Lebenseinstellung. Und natürlich eines spaßigen Naturells. Gleichwohl ist Clownerie kein leichter Job. Die eigene Stimmungslage gilt es für das Spiel auszublenden, die Situation der Zuschauer zu erfassen. Der Spiegel, den man dem Publikum vorhält, darf nur ein Lächeln füllen.

Lachen verbindet selbst Menschen, die nichts zu lachen haben. Thomas Holtbernd (Theologe und Humorforscher)

 

Mit der passenden Ausbildung, dem Talent und der stimmenden Chemie zum Klinikclown

Die Idee der Klinikclowns stammt aus den USA. Seit gut drei Jahrzehnten hat sich dieses Metier auch in Deutschland etabliert, unter anderem in Leipzig. „Eigentlich“, sagt Michael Bratschke, „sei der Bedarf nach den Clowns riesig. Nur leider können wir aktuell wegen der Pandemie den Wünschen nicht immer gerecht werden.“ Gleichwohl ist jeder Clowns-Interessent willkommen. Matthias Marquitz (Gil) etwa sagt, dass die T-Shirt-Aufschrift eines anderen Klinikclowns seine Aufmerksamkeit an dieser Arbeit weckte. Martina Bartova (Rosa) wiederum fand über ein Inspirationstheater zu den Leipziger Clownsnasen.

Der dann folgende Weg war für beide jedoch gleich. „Sofern die fachlichen Voraussetzungen gegeben sind, zu denen auch eine künstlerische oder pädagogische Ausbildung zählt, findet ein Kennenlerngespräch im Beisein unseres künstlerischen Leiters Roland Klein statt, besuchen die Bewerber unsere Trainings, gehen als dritter Clown zu einem Clownsspiel mit und bei Talent, Willen und der nötigen Zwischenmenschlichkeit, die es zur Arbeit im Team braucht, nach der Einarbeitung selbst mit auf Tour“, erläutert Bratschke das Vorgehen.

Lachen ermutigt. 
Alfred Selacher (Schweizer Lebenskünstler)

Lachen heilt

Etwa zwei Stunden dauert ein Auftritt der lustigen Gesellen. Zu den zwölf Wirkungsstätten, die sie besuchen, gehört auch das Herzzentrum Leipzig. Hier dürfen Gil und Rosa wegen der Coronakrise gegenwärtig nur vom Fenster aus die kleinen Seelen heilen. Doch auch das gelingt ihnen trefflich. In dieser Zeit haben sie es geschafft, die Sonne einzufangen und deren Strahlen in die Krankenzimmer geschickt, sie haben bunte Bilder an die Scheiben gemalt und jede Menge roter Nasen verteilt. Lachen heilt. Auch ohne Pflaster, ohne Tablette und dicke Spritze. Es ist schön, dass es Menschen mit diesen Fähigkeiten gibt.

 

Statt jeden, der noch lacht zu neiden, am Neid den Tag und Nacht zu leiden, sich Kummer, weil man litt zu machen, ist´s besser, selbst gleich mit zu lachen.
Eugen Roth (Dichter)

gluehbirne

Info:

Finanziert wird die Arbeit der Clownsnasen vornehmlich durch Elternhilfen oder Spenden. Wer die so wichtige Arbeit der Clowns fördern möchte, findet weitere Hinweise unter www.clowns-nasen.de.