Bei jedem werdenden Elternpaar rangiert auf der Wunschliste wohl ganz oben, dass ihr Kind gesund auf die Welt kommen möge. Nur wenigen ist dieses Glück nicht beschieden. Dank moderner Früherkennung werden heute nur noch selten Säuglinge mit extremen Fehlbildungen an den Extremitäten, im Magen-Darm-Trakt, an der Lunge oder der Wirbelsäule geboren. Auch Fehler am Herzen sind prozentual gesehen die Ausnahme. Etwa ein Prozent aller Neugeborenen weisen einen solchen auf.
Große Fortschritte für ein langes Leben

Erwachsen werden –ein Ziel, welches Kindern mit einem angeborenen Herzfehler noch vor sechs Jahrzehnten selten vergönnt war. Heute sieht das anders aus! Zwar bildet diese Erkrankung noch immer die häufigste Gruppe unter den Säuglingen, doch dank der medizinischen Forschung haben sich die Überlebenschancen gravierend verbessert.
Betroffenen den Weg ins Leben ebenen

Bis Anfang der 1950er Jahre bedeutete eine solche Diagnose für die meisten Kinder das Todesurteil. Obwohl man schon um 1940 in den USA erste Behandlungsschritte ins Auge fasste, war der Stand der Wissenschaft noch längst nicht so weit, dass diesen Kindern wirklich geholfen werden konnte. Aber die Entwicklung nahm zügig Fahrt auf. „Bereits um 1960 wurde gezielt und rege an dem Thema angeborener Herzfehler geforscht und gearbeitet“, sagt Prof. Ingo Dähnert, Direktor der Universitätsklinik für Kinderkardiologie im Herzzentrum Leipzig. Ziel der Mediziner war es, den hohen Leidensdruck der kleinen Patienten und ihrer Eltern zu mindern und den Kindern gleichsam den Weg in ein langes Leben zu ebnen. Deshalb wurden viele wichtige Meilensteine der Herzchirurgie zuerst in der Behandlung angeborener Herzfehler gesetzt.
Pränatal- und Geburtsdiagnostik leisten große Dienste
Heute, betont Prof. Dähnert, können nahezu alle angeborenen Herzfehler behandelt und operiert werden. Lediglich bei im Einzelfall besonders kritischer Diagnosekombination oder dann, wenn sich – noch bevor der Herzfehler festgestellt werden konnte – am kleinen Herz wichtige Blutgefäße nach der Abnabelung von der Mutter verschließen, bleibt ein hohes Risiko für ein gutes Überleben. Doch die Wahrscheinlichkeit einer solchen Krankheitsentwicklung liegt im Promillebereich.
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Ob wir einem Neugeborenen helfen können, ist keine Frage der Diagnose, sondern der Stärke der Ausprägung des Herzfehlers.
Je früher der Fehler erkannt wird, erläutert er, desto geringer sei das Risiko. „Die Vorsorge, die mittlerweile jede Schwangere in Anspruch nehmen kann, leistet uns dabei große Dienste. Gleiches gilt für die Untersuchungen unmittelbar nach der Entbindung“, so der Mediziner. Erweitert wird dieses Portfolio seit 2017 durch das Pulsoxymetrie-Screening, bei dem mithilfe eines roten Lichtsensors der Sauerstoffgehalt im Blut des Neugeborenen gemessen wird. Ist der zu gering, kann das auf einen angeborenen Herzfehler hinweisen. Diese völlig schmerzlose Pflichtuntersuchung wird an jedem Neugeborenem vorgenommen, ganz gleich, ob der Verdacht eines Herzfehlers besteht oder nicht.
Die Ursachen für einen angeborenen Herzfehler sind vielfältig

Der Grundstein für einen Herzfehler, vermuten die Wissenschaftler, wird bereits innerhalb der ersten fünf Schwangerschaftswochen gelegt. Zu einem Zeitpunkt also, wenn viele Frauen noch nicht einmal genau wissen, dass sie in anderen Umständen sind. Die Ursache können Erkrankungen und Infektionen sein, bestimmte Medikamente, welche die werdende Mutter einnimmt, eine genetische Veranlagung oder ein zufälliges Aufeinandertreffen unglücklicher Umstände. Dass Alkoholgenuss und Nikotin dem Embryo nachhaltig schaden, ist hingegen längst bekannt und erwiesen.
Lag die Chance erwachsen zu werden bei Neugeborenen mit angeborenem Herzfehler 1950 noch bei zehn Prozent, so blicken heute 95 Prozent dieser Patienten einem langen Leben entgegen. In Leipzig, berichtet Prof. Dähnert, werden jedes Jahr etwa 300 offene herzchirurgische Operationen an Neugeborenen und Kindern mit angeborenem Herzfehler vorgenommen. Nach ein bis mehreren Tagen auf der Kinderintensivstation bleiben die meisten von ihnen noch ein bis zwei Wochen im Herzzentrum. Etwa ebenso viele Kinder erhalten eine Behandlung mittels Katheter, wobei der Zugang zum Herz über die Leiste ausgeführt wird. Nach solchen Eingriffen können Mutter und Kind das Klinikum in der Regel schon am Folgetag wieder verlassen. Insgesamt werden im Herzzentrum Leipzig jedes Jahr etwa 1.000 Kinder stationär aufgenommen und behandelt.
Spezialisiert auf die Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH)
Wenn Kinder mit angeborenem Herzfehler das 18. Lebensjahr erreichen, gelten sie im medizinischen Fachjargon als Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH). Sie zu betreuen und gegebenenfalls zu behandeln, bedarf spezieller Kenntnisse und Erfahrungen. Prof. Ingo Dähnert nimmt sich dieser Patientengruppe seit vielen Jahren an und ist aufgrund seines Wissens seit Juli 2021 der erste in Sachsen von der Landesärztekammer anerkannte Arzt für EMAH-Patienten