Vererbbare Herzerkrankungen

Herz und Gene: Ignorieren kann tödlich sein

Herz und Gene: Ignorieren kann tödlich sein

Sind Herzerkrankungen vererbbar? Ja, sagt Professor Dr. Daniela Husser-Bollmann vom Herzzentrum Leipzig. Ohnmachtsanfälle sind Signale, die darauf hinweisen und unbedingt ernst genommen werden müssen. Eine umfangreiche Diagnostik und moderne Technik, wie Defibrillatoren, helfen Betroffenen, das Risiko für einen plötzlichen Herztod deutlich zu minimieren.

Symptome wie ein leichtes Schwindelgefühl, Benommenheit, Übelkeit, Orientierungsverlust, warme oder schwitzende Handflächen sowie nachlassende Sehkraft hat vielleicht jeder schon einmal gehabt. Man nimmt sie nicht sonderlich ernst, sucht die Ursachen dafür zumeist in beruflichem oder privatem Stress und hofft, dass sie sich bald wieder legen. Doch genau diese Anzeichen gehen auch einer Ohnmacht voraus. Jährlich erleiden etwa 500.000 Menschen in Deutschland eine Ohnmacht, medizinisch Synkope.

Manche machen diese Erfahrung nur einmalig, andere häufiger. Sollten sie häufiger auftreten, gilt es dringend nach ihren Ursachen zu forschen.

Eine Ohnmacht sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie tritt ein, wenn das Gehirn nicht ausreichend durchblutet wird, wofür die Ursache vielfältig sein kann. Eine vererbbare und bislang unerkannte Herzerkrankung ist eine davon“

, verdeutlicht Prof. Dr. Daniela Husser-Bollmann, Oberärztin und Leiterin der Spezialsprechstunde für vererbbare Herzerkrankungen der Rhythmologie im Herzzentrum Leipzig.

Auf Herzerkrankungen in der Familie achten

Herzmodell

Ein Loch im Herzen oder eine falsch angelegte Herzkammer sind keineswegs selten. Zumeist werden sie jedoch frühzeitig erkannt und können bereits im Säuglingsalter korrigiert werden. Ein von 500 bis 1.500 Neugeborenen trägt eine vererbbare Herzerkrankung in sich, die sich im Laufe des Lebens ausbilden und zu Beschwerden führen kann. Nicht minder gefährlich sind Herzrhythmusstörungen. Diese Erkrankungen können unter Umständen zu einer Ohnmacht oder schlimmstenfalls zum plötzlichen Herztod führen. Vor allem bei Herzrhythmusstörungen steigt das Risiko in erheblichem Maße.

Beratungsgespräch

Insofern innerhalb der Verwandtschaft einer Familie häufige Ohnmachtsanfälle oder gar ein oder mehrere plötzliche Herztode auftreten, ist äußerste Vorsicht geboten. „In diesem Fall sollten auch scheinbar Gesunde den Weg zum Arzt nicht scheuen und sich tiefgründig untersuchen lassen. Nicht selten stellt sich dabei heraus, dass auch andere Familienmitglieder eine angeborene Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen aufweisen, ohne jedoch Symptome dafür zu zeigen“, betont Prof. Husser-Bollmann. Sollte sich der Verdacht bestätigen, können medikamentöse Vorsorgemaßnahmen getroffen oder notwendige Einschnitte im Alltag der Betroffenen unternommen werden. Letzteres würde unter anderem bedeuten, auf intensives Sporttreiben zu verzichten. Kinder und Jugendliche sollten zudem nicht mehr unbeaufsichtigt Schwimmen gehen. Mittels Langzeit-EKG oder Herzultraschall ließe sich das Risiko genauer definieren. Das Einsetzen eines Defibrillators kann unter Umständen nötig werden, um einen plötzlichen Herztod zu verhindern.

herzerkrankungen

Erste Hilfe rettet Leben

Ohnmachtsanfälle schädigen aber nicht nur Herz und Hirn, sie können darüber hinaus zu massiven körperlichen Verletzungen führen, besonders dann, wenn sie schwere Stürze oder Verkehrsunfälle zur Folge haben. Wer eine ohnmächtige Person antrifft, sollte bis zum Eintreffen des Notarztes unverzüglich Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen. Der Betroffene bleibt dabei in Rückenlage, während die Helfenden eine Herzdruckmassage ausführen. Stellt sich trotz Bewusstlosigkeit die Atmung wieder ein, ist der Patient in die stabile Seitenlage zu legen.

Mehr Nachforschung erwünscht

Ob jemand eine angeborene Herzschwäche hat, lässt sich ohne erkennbare Symptome nur schwerlich sagen. Umso bedeutsamer sind Anzeichen vermehrter Ohnmacht oder des Auftretens plötzlicher Herztode in der Familie. „Diese Alarmsignale sollte man nicht übersehen“, mahnt Prof. Dr. Husser-Bollmann.

Da in Deutschland Kinder nicht routinemäßig auf eine mögliche Herzerkrankung untersucht werden, besteht für die Betroffenen bis zum eventuellen Ausbruch der Krankheit anhaltend ein erhöhtes Gefährdungsrisiko. Die Krankheit zu diagnostizieren, sei ohnehin ein langwieriger Prozess. Zudem ließen sich Herzrhythmusstörungen nicht permanent nachweisen, fügt die Medizinerin an. Wünschen würde sie sich daher, wenn zumindest alle plötzlichen Herztode oder ungeklärten Todesfälle von Menschen unter einem Alter von 45 Jahre tiefgründiger untersucht, sprich obduziert würden. „Dadurch“, so Prof. Husser-Bollmann zusammenfassend, „ließen sich einerseits weitere medizinische Schlüsse ziehen, anderseits ließen sich so unentdeckte vererbbare Herzerkrankungen innerhalb einer Familie aufdecken, was letztendlich viele Leben retten würde.“